An Rhein und Ruhr. Mehr Spenden, kaum Abnehmer, viel Müll: Corona brachte die Altkleider-Branche an ihre Grenzen. Container mussten zum Teil gesperrt werden.

Corona-Krise heißt viel Zeit in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Viele Menschen scheinen diese Zeit zum Ausmisten ihrer Kleiderschränke zu nutzen. Deutlich wird das vor allem mit Blick auf die Altkleidersammlung. "Das Textil-Recycling steht vor einem Kollaps", warnt der Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung (Bvse). Die Menge an Textilien, die in den vergangenen Wochen und Monaten gespendet wurde, lasse die Branche an ihre Grenzen stoßen. Denn die Weitergabe der Kleidung gestaltete sich schwierig: Viele Geschäfte, die die Kleider weiterverkaufen, mussten schließen, ein Export ins Ausland war teilweise nicht möglich.

Der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) am Niederrhein spricht zwar inzwischen von einer Normalisierung – "in den ersten Wochen der Corona-Zeit gab es aber ein deutliches Spendenaufkommen", erklärt der stellvertretende Geschäftsführer Norbert Pötters. "Gleichzeitig hatten unsere Abnehmer große Probleme bei der Abnahme." Der Kreisverband hat in Wesel, Alpen, Rheinberg und Moers insgesamt 48 Kleidercontainer in Betrieb, besonders zu Beginn der Corona-Hochphase waren sie stark überfüllt. "Wir haben sie am Anfang viel öfter entleert als sonst", erklärt Pötters. Teilweise musste die Mitarbeiter einen Container bis zu dreimal die Woche ansteuern. "Einige Kreisverbände berichteten zudem, dass sie ihre Container komplett sperren mussten." Noch heute hat der DRK-Kreisverband eine extra Lagerhalle angemietet, um die Kleidungsstücke unterbringen zu können.

Immer wieder landen Störstoffe in den Containern

Die Wirtschaftsbetriebe Oberhausen (WBO) sind im Stadtgebiet zuständig für die Altkleidersammlung, an 120 Standplätzen stehen 167 Container. "Die WBO erfasst über die Altkleiderbehälter im Stadtgebiet Oberhausen ca. 1000 Tonnen an Alttextilien pro Jahr", erklärt Geschäftsführer Karsten Woidkte auf Anfrage der NRZ. Pro Woche führen die Mitarbeiter über 200 Entleerungen durch. Besonders im März und April war die WBO gezwungen, mehrere Container kurzzeitig zu sperren. Hauptproblem: Erhebliche Verunreinigung. Statt Kleidung landeten hier auch unter anderem Bauschutt, Lacke und Farben im Container. Ein Problem, das auch in Duisburg bekannt ist. "Dinge wie Elektrogeräte und Kunststoffe landen regelmäßig in den Containern, unabhängig von der Corona-Zeit", erklären die Wirtschaftsbetriebe. Und: "Zu Corona-Hochzeiten haben die Leute scheinbar ihre Kleiderschränke aussortiert." Bis zu 50 Prozent mehr Zufluss habe die Wirtschaftsbetriebe wahrgenommen. Zwar konnten die Verwehrter die Sachen noch aufnehmen, aber: "Es war kurz vor knapp", berichteten sie.

Zuletzt beklagte auch der Bvse in den vergangenen Wochen mehrfach, in den Containern fände sich zunehmend auch anderer Müll oder Säcke würden einfach neben überfüllten Containern abgestellt. Das mache nicht nur das Sortieren aufwendiger und schwieriger, sondern abgegebene Kleidung womöglich völlig wertlos. „Für unsere Sammelunternehmen bedeutet dies einen doppelten Verlust", betont Bvse-Vizepräsident Martin Wittmann. "Wertvolle Textilien gehen verloren und es entstehen enorme Zusatzkosten, da die unbrauchbar gewordenen Altkleider von unseren Unternehmen kostenpflichtig entsorgt werden müssen. Das ist weder umweltfreundlich noch wirtschaftlich."

Dachverband "Fairwertung" beklagt finanzielle Schieflage

Laut dem Dachverband "Fairwertung" mit Sitz in Essen, ein Zusammenschluss von rund 130 gemeinnütziger Altkleidersammler in Deutschland, trifft die Corona-Krise die Organisationen in einer ohnehin schwierigen Marktlage. "Das System der kostenlosen Altkleiderabgabe ist durch den starken Anstieg von Textilien minderer oder schlechter Qualität bereits in finanzielle Schieflage geraten", beklagt der Verband. Das Problem: Der globale Handel mit Secondhand-Bekleidung war während der Grenzschließung ausgesetzt, die Nachfrage nach Sammelware aus deutschen Kleidersammlungen ging entsprechend zurück. "Bisher finanziert sich das Erfassungssystem ausschließlich durch den Handel mit gut erhaltener Secondhand-Ware", betont der Verband. Dagegen sei das Einsammeln und Weiterverwerten von minderwertigen Textilien bereits seit langem nicht kostendeckend.