An Rhein und Ruhr. Intensive Landwirtschaft, Einheitsgärten und Klimawandel machen den Faltern zu schaffen. Nur knapp jede fünfte Art gilt in NRW als ungefährdet.

Blüten allerorten, die Natur feiert den Sommer. Schmetterlinge flattern umher. Ihre Bestände gehen seit geraumer Zeit zurück, sieht man mal vom Ausreißerjahr 2018 ab. "Viele Arten sieht man gar nicht mehr", bedauert Birgit Königs vom Naturschutzbund (Nabu) an diesem Freitag (19. Juni 2020) im Gespräch mit der Redaktion.

Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral und andere: 129 Tagfalter-Arten sind laut aktueller Roter Liste in Nordrhein-Westfalen beheimatet. Aber nur etwas mehr als fünfte Art gilt als ungefährdet. Intensive Landwirtschaft, Einheitsgärten und öde Parks setzen Schmetterlingen und Raupen zu. Auch der Klimawandel macht ihnen schaffen.

Zu früh aus der Winterruhe geweckt

Wärmeperioden in Januar oder Februar wecken die Falter vorzeitig aus der Winterruhe. "Die finden dann aber keine Nahrung, weil noch nichts blüht", erklärt Königs, die Sprecherin des Nabu in NRW. Die Natur braucht Schmetterlinge zur Bestäubung von Pflanzen und (mit ihren Raupen) als Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere. "Eigentlich müsste es Schmetterlinge in Massen geben, weil sie ja auch in Massen gefressen werden", sagt die Nabu-Sprecherin.

Schmetterlinge: "Viele Arten sieht man leider nicht mehr"

Farbenprächtig ein C-Falter auf Blüten. Die Art gehört zu den edelfaltern und hat ihren Namen von C-ähnlichen Zeichnung auf der Unterseite der Hinterflügel (auf diesem Foto nicht sichtbar).
Farbenprächtig ein C-Falter auf Blüten. Die Art gehört zu den edelfaltern und hat ihren Namen von C-ähnlichen Zeichnung auf der Unterseite der Hinterflügel (auf diesem Foto nicht sichtbar). © Nabu | Dennis Wolter
Der Kohlweisling zählt in Mitteleuropa zu den verbreitesten Art. die raupen fressen sich gerade jetzt im Juni auch in die Köpfe von Kohlpflanzen ein - sehr zum Ärger der Landwirtschaft.
Der Kohlweisling zählt in Mitteleuropa zu den verbreitesten Art. die raupen fressen sich gerade jetzt im Juni auch in die Köpfe von Kohlpflanzen ein - sehr zum Ärger der Landwirtschaft. © Nabu | Sabrina Ertle
Tagpfauenaugen sind gut an den Augenflecken auf ihren Flügeln zu erkennen. Die Art war
Tagpfauenaugen sind gut an den Augenflecken auf ihren Flügeln zu erkennen. Die Art war "Schmetterling des Jahres 2009" und kommt im Gebirge bis auf Höhen von 2500 Meter vor. © Nabu | Stefan Wenzel
Gestatten, der Admiral. Auch er gehört zur Familie der Edelfalter und kommt ursprünglich aus Südeuropa. Im Zuge des Klimawandel überwintert er aber zunehmend auch in hiesigen Breiten.
Gestatten, der Admiral. Auch er gehört zur Familie der Edelfalter und kommt ursprünglich aus Südeuropa. Im Zuge des Klimawandel überwintert er aber zunehmend auch in hiesigen Breiten. © Nabu | Sabrina Ertle
Der Zitronenfalter muss immer für abgedroschene Witze herhalten (nein, er faltet keine... NEIN!). Zitronenfalter sind quasi frosthart, überstehen bis zu minus 20 Grad. Sie überwintern draußen, etwa an Sträuchern.
Der Zitronenfalter muss immer für abgedroschene Witze herhalten (nein, er faltet keine... NEIN!). Zitronenfalter sind quasi frosthart, überstehen bis zu minus 20 Grad. Sie überwintern draußen, etwa an Sträuchern. "Sie sehen dann aus wie ein verdorrtes Blatt", sagt Birgit Königs vom Nabu NRW. © Nabu | Kathy Büscher
Elegant: Waldbrettspiel heißt dieser Schmetterling (nicht zu verwechseln mit dem Mauerfuchs) . In lichten Wäldern sucht sich diese Art Plätze, an denen sie in der Sonne sitzen und die Flügel ausbreiten kann.
Elegant: Waldbrettspiel heißt dieser Schmetterling (nicht zu verwechseln mit dem Mauerfuchs) . In lichten Wäldern sucht sich diese Art Plätze, an denen sie in der Sonne sitzen und die Flügel ausbreiten kann. © Nabu | Dennis Wolter
Taubenschwänzchen gelten wegen ihres schwirrendes Flugstiles als die
Taubenschwänzchen gelten wegen ihres schwirrendes Flugstiles als die "Kolibris unter den Schmetterlingen. Sie kommen aus dem Mittelmeerraum seit einigen Jahren zunehmend auch in hiesige Gärten, wo man sie zum Beispiel an Geranienblüten sehen kann. Taubenschwänzchen gehören zu den sogenannten Wanderfaltern. Wie Zugvögel legen die kleinen Flieger enorme Dístanzen zurück. © Nabu | Dennis Wolter
Zwei Hauhechel-Bläulinge beim Rendezvous auf einem Blatt:Bis in den Herbst hinein lässt diese verbreitete Art beobachten.
Zwei Hauhechel-Bläulinge beim Rendezvous auf einem Blatt:Bis in den Herbst hinein lässt diese verbreitete Art beobachten. © Nabu Cewe | Thomas Alfert
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Wie es um die Falter in NRW bestellt ist - dazu erhoffen sich die Naturschützer Anhaltspunkte von der Mitmachaktion "Schmetterlingszeit". Einen Monat lang, bis zum 15. Juli, sind Bürger wieder aufgerufen, die Tagfalter in ihren Gärten, in ihrer Nachbarschaft zu zählen und zu melden. Informationen dazu gibt es hier. Es ist keine wissenschaftliche Erhebung -"aber aus den Ergebnissen lassen sich Tendenzen ableiten", erklärt Königs.

Auffällig viele Distelfalter in 2019

Die "Schmetterlingszeit" bietet Gelegenheit, sich mit der faszinierenden Welt der Falter zu beschäftigen. Was viele Leute nicht wissen: Es gibt Wanderfalter, die mit ihren zarten Flügeln jedes Jahr - ähnlich wie Zugvögel - hunderte, ja tausende Kilometer zurücklegen. Bei der Zählaktion 2019 zum Beispiel wurden in NRW besonders Distelfalter registriert. Grund war ein besonders gutes Raupenjahr in Saudi-Arabien. Die Raupen hatten sich dort satt gefressen und waren als Schmetterlinge gen Norden gezogen - eine strapaziöse Reise, die kundige Experten den gefledderten Flügeln der Distelfalter auch ansehen konnten.

Insgesamt aber waren in NRW bei der Zählaktion 2019 extrem wenige Falter gemeldet worden - alles in allem nur etwa 12.000. Das dürfte einerseits viel mit dem Wetter damals zu tun gehabt haben, dem ungemütlich-kalten Mai im Frühjahr 2019 und dem Dürresommer im Jahr zuvor. Die Naturschützer vom Nabu drängen aber auch darauf, dass sich die Rahmenbedingungen für Schmetterlinge ändern.

Wichtig sind heimische Blühpflanzen

Sie fordern eine andere Landwirtschaft, ohne Überdüngung und weniger Pestizide. Aber auch in hiesigen Gärten und Parks müsse sich einiges ändern. Abwechslungsreicher müssten diese werden. "Wichtig sind heimische Blühpflanzen", erklärt Birgit Königs. Als Beispiele nennt sie u. a. Natternkopf, Nelken und Salbei.