Düsseldorf. Hätte der Mord in Viersen verhindert werden können? Mehrmals wurden Meldepflichten verletzt - von Kitas und der Staatsanwaltschaft Kleve.
Im Fall der mutmaßlichen Ermordung eines dreijährigen Kita-Kindes durch eine Erzieherin in Viersen hat NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) die Staatsanwaltschaft Kleve gegen Kritik in Schutz genommen. Die Staatsanwaltschaft hatte bei älteren Ermittlungen gegen die Erzieherin wegen Vortäuschens einer Straftat Erkenntnisse zu ihrer psychischen Verfassung nicht wie vorgeschrieben an das Landesjugendamt weitergeleitet.
Justizminister Biesenbach spricht von einem Einzelfall
Die rund 2000 Staatsanwälte in NRW bearbeiteten rund 1,2 Millionen Vorgänge pro Jahr, sagte Biesenbach am Mittwoch in einer Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags in Düsseldorf. Fehler im Einzelfall ließen sich nie gänzlich ausschließen, „auch wenn die Folgen grausam sind“.
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Würde man von allen Staatsanwaltschaften bei sogenannten Prognose-Entscheidungen verlangen, dass sie keine Fehler machten, dann dürften sie nicht mehr arbeiten, sagte der Minister. Auch die Generalstaatsanwaltschaft habe die Einschätzung bestätigt, dass es sich um einen „Arbeitsfehler“ gehandelt habe, bei dem die „Schwelle zur disziplinarischen Relevanz“ nicht überschritten worden sei.
Sämtliche Staatsanwaltschaften seien aber für die Mitteilungspflichten sensibilisiert worden, sagte Biesenbach. Das Land werde zudem auf eine Klarstellung der bundesgesetzlich geregelten Meldepflichten der Staatsanwaltschaften hinwirken.
Gleich mehrere „Pannen“ bei der Staatsanwaltschaft Kleve in jüngster Zeit
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Die 25-Jährige Erzieherin soll die dreijährige Greta nach bisherigen Ermittlungen stranguliert, die Atemwege verschlossen oder den Brustkorb komprimiert haben, um das Kind zu ersticken. Bei ihren Ermittlungen waren die Behörden in allen Kitas, wo die Beschuldigte zuvor gearbeitet hatte, auf Notfälle mit Kindern gestoßen. Das Landesjugendamt hatte beklagt, dass es weder von den früheren Kitas noch von der Staatsanwaltschaft die üblichen Pflichtmeldungen erhalten habe. Dann hätte möglicherweise das Schlimmste noch verhindert werden können.
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Die Opposition wollte im Ausschuss wissen, warum es gerade bei der Staatsanwaltschaft Kleve in jüngster Zeit zu drei „Pannen“ gekommen sei. Dabei gehe es unter anderem um den Fall des unschuldig eingesperrten und zu Tode gekommenen Syrers Amad A. Dieser hatte wochenlang in Kleve unschuldig im Gefängnis gesessen und schließlich in seiner Zelle selbst Feuer gelegt.
Auch im Missbrauchsfall von Bergisch Gladbach vermutet die Opposition Versäumnisse in Kleve. Biesenbach warnte, diese Fälle und den furchtbaren Tod des Kita-Mädchens für politische Zwecke zu skandalisieren. (dpa)