Kleve. 2018 starb Amad Ahmad im Klever Gefängnis, wo er zu Unrecht inhaftiert war. Jetzt hat der Fall eine neue, spektakuläre Wendung genommen.

Die Staatsanwaltschaft Kleve hat im Fall des unschuldig eingesperrten und nach einem Zellenbrand ums Leben gekommenen Syrers Amad Ahmad erneut Ermittlungen eingeleitet. Einem Polizisten werde Freiheitsberaubung vorgeworfen, bestätigte Oberstaatsanwalt Günter Neifer am Dienstag auf Anfrage.

Nach einer neuen Wendung im Fall des Feuertods des syrischen Kurden Amad Ahmad soll ein Kripo-Beamter aus Geldern zudem erneut vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag aussagen. Der Polizist könnte möglicherweise schon rund sieben Wochen vor dem Feuer in der Zelle der Klever JVA gewusst haben, dass der 26-Jährige unschuldig inhaftiert worden war.

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Amad Ahmad war Anfang Juli 2018 in Geldern festgenommen worden und landete kurze Zeit später hinter den Gittern des Klever Gefängnisses. Am 17. September zog sich der junge Mann bei einem Brand in seiner Zelle erhebliche Verletzungen zu, an deren Folgen er am 29. September starb. Danach stellte sich heraus, dass Ahmad nur aufgrund einer Verwechslung mit einem per Haftbefehl gesuchten Mann aus Mali namens Amed G. im Gefängnis gesessen hatte.

Verdächtige Aktennotiz einer Staatsanwältin

Wie genau es zu der verhängnisvollen Verwechslung kommen konnte, ist bis heute unklar. Klar ist nur, dass es zu einer irrtümlichen Verschmelzung von Datensätzen gekommen war. Am 27. Juli jedenfalls, so geht es aus einem unserer Redaktion vorliegenden Dokument hervor, telefonierte ein Kripo-Beamter, der die Anzeige geschrieben hatte, die zu der Inhaftierung führte, mit einer Staatsanwältin aus Braunschweig. Dort wurde ein Verfahren gegen G. geführt.

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In ihrer Aktennotiz hält die Staatsanwältin nach dem Gespräch kurz und knapp fest: „Die Person Amad Ahmad ist nicht identisch mit der Person Amed G. (…)“. Am gleichen Tag führt der Kripo-Beamte eine Datensuche durch. Sowohl nach Amad Ahmad als auch nach dem Mann aus Mali. Dies hatte er bei einer Sitzung des Untersuchungsausschusses am 26. November vergangenen Jahres eingeräumt. Das Gespräch mit der Staatsanwältin erwähnte der Polizist aber nicht.

Landtags-Opposition hat "gründlich nachgefragt"

Dass dieses Dokument aufgetaucht ist, führt Sven Wolf, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, auf das hartnäckige Nachbohren der Opposition zurück: „Die Aktenstücke aus Niedersachsen haben sich daraus ergeben, dass wir gründlich nachgefragt haben.“

Ist dem Polizisten die Verwechslung also möglicherweise schon am 27. Juli 2018 aufgefallen? Und wenn ja – warum hat er nicht sofort gemeldet, dass in der Klever JVA ein Unschuldiger sitzt? Diesen Fragen wollen Mitglieder des Untersuchungsausschusses jetzt bei der nächsten Sitzung am 9. Juni auf den Grund gehen. Sowohl der Kripo-Beamte wie auch die Braunschweiger Staatsanwältin sollen gehört werden. In diesem Punkt sind sich CDU, FDP, SPD und Grüne einig.

Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungsverfahren ein

Stefan Engstfeld, der rechtspolitische Sprecher der Grünen, geht weiter: Die neue Wendung mache ihn „sprachlos“, er drängt darauf, dass die Klever Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung wieder aufnimmt. Diese Ermittlungen waren im November vergangenen Jahres eingestellt worden. Tatsächlich hat die Klever Staatsanwaltschaft nun ein Ermittlungsverfahren „gegen einen Polizeibeamten der Kreispolizei Kleve“ eingeleitet.