An Rhein und Ruhr. Essener Zöllner hatten es 2019 bei ihren Ermittlungen in NRW mit Steuerschäden von 21 Millionen Euro zu tun. Im Fokus: Illegaler Shisha-Tabak.

Illegal hergestellter Wasserpfeifentabak, eingeschmuggelte Nobelautos und E-Bikes, steuerbegünstigtes Heizöl als Kraftstoff - und vieles mehr: Beamte des Zollfahndungsamtes hatten es bei ihren Ermittlungen im vergangenen Jahr mit Steuerschäden von insgesamt 21 Millionen Euro zu tun. „Die Täter agieren zunehmend konspirativer“, heißt es an diesem Montag (25. Mai 2020) bei der Behörde, die für Nordrhein-Westfalen und die Grafschaft Bentheim in Niedersachsen zuständig ist.

Der Steuerschaden liegt etwas unter dem von 2018 (25,2 Mio Euro). Aber die Gewichte haben sich deutlich verschoben. So gingen die Zahlen bei Schmuggelzigaretten deutlich zurück, dafür schnellten sie beim Wasserpfeifentabak nach oben. Mit sichergestellten 1,5 Tonnen und „durch Beweisketten“ ermittelten 129 Tonnen haben sich die Mengen hier etwa verdreifacht. In Duisburg war im Mai 2019 eine illegale Wasserpfeifentabak-Fabrik aufgeflogen.

Luxuskarossen aus Russland und Libyen illegal eingeführt

„Das Thema wird uns weiter sehr beschäftigen“, sagte eine Sprecherin des Zollfahndungsamtes auf Nachfrage der Redaktion. Gerade an Rhein und Ruhr scheinen Kriminelle einen riesigen Absatzmarkt für illegalen Wasserpfeifentabak zu finden. Enorme Gewinnspannen locken. Jüngste Erfolge belgischer Behörden lassen Ermittler hierzulande aufhorchen. Nahe Brüssel waren vor gut einer Woche in zwei illegalen Fabriken und einem Lager insgesamt 10,6 (!) Tonnen fertiger Wasserpfeifentabak sowie weitere 8,5 Tonnen Schnitttabak plus Vormaterial entdeckt worden - offenbar bestimmt für den deutschen Markt.

Im Bereich Zölle kamen die Fahnder in zwei großen Verfahren im vergangenen Jahr der illegalen Einfuhr von rund 1000 Luxuskarossen aus Russland und Libyen in die EU auf die Schliche. Fällige Einfuhrabgaben waren nicht gezahlt worden. Bei den später mit gefälschten Papieren im Internet angebotenen Autos aus Russland gab es zum Teil mehrere Vorbesitzer, zum Teil waren es Unfallwagen.

Unbedenklichkeitsbescheinigung bei PKW nicht mehr zwingend nötig

Hintergrund: Bei der PKW-Einfuhr aus sogenannten Drittländern müssen nicht mehr zwingend Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorgelegt werden. „Diese Erleichterung nutzten die kriminellen Autohändler und -schieber augenscheinlich hemmungslos aus“ erklärte Frank Denner, der Chef des Essener Zollfahndungsamtes.

Ganz aktuell haben es die Zollfahnder verstärkt mit Billig-E-Bikes aus China zu tun. Diese stammen angeblich aus ganz anderen asiatischen Ländern und werden bei der Einfuhr in Frachtcontainern entdeckt. Hier wird versucht, den von der EU Anfang 2019 gegen China verhängten Antidumpingzoll von bis zu 70% zu umgehen.

Komplette Speditionsflotte fuhr mit Heizöl statt Diesel

Die Täter werden aber auch immer dreister. Drei Speditionen in Kerpen bei Köln haben ihre komplette Flotte von etwa 30 bis 40 Lkw mit aus Belgien eingeführten Heiz- und Schmierölen statt mit Diesel betankt - offenbar über Jahre Zollfahnder, Bundespolizei und Staatsanwaltschaft Aachen waren ihnen im Herbst auf die Schliche gekommen.

Weil die Bande aber offenkundig auch mit Schleusungen sehr aktiv war, ging der Heizöl-Schmu damals in der öffentlichen Wahrnehmung etwas unter. Tatsächlich gehen die Ermittler alleine hier von rund 1,4 Millionen Euro Steuerschaden aus. Pro 1000 Liter Heizöl sind - grob gerechnet - etwa 400 Euro Steuern weniger fällig als bei Diesel.

Insgesamt fast 3400 Verfahren und fast 4000 Verdächtige

Insgesamt ermittelten die Essener Zollfahnder im vergangenen Jahr in 3398 Verfahren gegen fast 4000 Tatverdächtige. Ein Großteil der Verfahren hatte mit Rauschgift oder illegalen Arznei- oder Dopingmitteln zu tun; hier hatte die Behörde bereits in der vergangenen Woche Zahlen vorgestellt. Auf Grundlage von Ermittlungen der Essener Zollfahnder sprachen Gerichte 2019 insgesamt Freiheitsstrafen von 543 Jahren und Geldstrafen von rund 342.000 Euro aus.