An Rhein und Ruhr. Im Kreis Kleve gibt es unzählige Unterkünfte für Leiharbeiter in niederländischen Schlachthöfen. Wie viele Menschen dort wohnen, weiß niemand.

Sie arbeiten in Betrieben in den Niederlanden, meistens in Schlachthöfen, bezahlt für den Knochenjob mit einem bescheidenen Lohn. Untergebracht werden sie in Unterkünften in grenznahen Kommunen, häufig in beengten Wohnverhältnissen.

Bereits vor einem Jahr hatte Rolf Wennekers die Behandlung osteuropäischer Leiharbeiter scharf kritisiert. Jetzt, in der Corona-Krise, sieht der DGB-Vorsitzende im Kreis Kleve noch mehr Handlungsbedarf. „Die Ansteckungsgefahr in den Wohnungen, in denen die zusammengepfercht sind, ist groß.“

Seit 2017 mieten oder kaufen niederländische Zeitarbeitsfirmen in großem Stil Häuser und Wohnungen in den Städten und Gemeinden im Grenzraum an, um dort Leiharbeiter unterzubringen. Damals trat in den Niederlanden eine Gesetzesänderung in Kraft, mit der eine bessere Unterbringung der Leiharbeiter erzwungen werden sollte. Zu teuer für die Zeitarbeitsfirmen.

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Gewerkschafter: Um die Leiharbeiter kümmert sich niemand

Für sie ist die Unterbringung ihrer Beschäftigten ein lukratives Zusatzgeschäft. Die Häuser, in denen sie die Leiharbeiter wohnen lassen, sind meistens „nicht marktfähig“. Keine Schrottimmobilien, aber eben auch keine, die sonst irgendwer haben will.

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Die Zeitarbeitsfirmen knüpfen den Leiharbeitern nach Informationen niederrheinischer Kommunalpolitiker bis zu 200 Euro pro Bett und Monat ab, bei einer Belegung von bis zu 20 Personen kommen üppige Einnahmen zusammen. „Das sind die Ärmsten, um die kümmert sich niemand. Die kennen ihre Rechte nicht, und wenn, dann trauen sie sich nicht, etwas zu sagen, weil sie befürchten, ihren Job zu verlieren“, sagt Gewerkschafter Wennekers.

Leiharbeiter: Bürgermeister schreiben Brief ans Ministerium

In der Corona-Krise könnte das zu einem Gesundheits-Problem werden. In einzelnen Unterkünften sind bereits Corona-Infektionen aufgetreten. Wie viele und wo genau, verraten die Bürgermeister der betroffenen Städte nicht. Für einen Landkreis wie Kleve kann ein größerer Corona-Ausbruch massive Folgen haben. Bund und Länder haben sich auf eine Obergrenze von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner verständigt. Wird sie gerissen, müssen Lockerungen zurückgedreht werden.

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Die Menschen im Kreis Coesfeld müssen nun länger darauf warten, wieder ins Restaurant gehen zu können, weil unter den Beschäftigten eines Schlachthofs etliche Corona-Fälle aufgetreten sind. Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte nach Bekanntwerden der Infektionen in dem Coesfelder Betrieb prompt reagiert und flächendeckende Testungen aller Beschäftigten in NRW-Schlachthöfen sowie die Kontrolle der Wohnsituation der osteuropäischen Werkvertragsarbeiter angeordnet.

Ähnliche Maßnahmen für diejenigen, die in den Niederlanden arbeiten, gestalten sich schwierig. Wie hilflos die Behörden sind, zeigen die Antworten auf Anfragen der NRZ. Die Kreisverwaltung Kleve weiß nicht, wie viele Leiharbeiter in den kreisangehörigen Kommunen leben. „Es besteht keine Verpflichtung, Arbeitsverhältnisse in den Niederlanden anzumelden, so dass hier keine gesicherten Erkenntnisse über die Anzahl solcher Menschen vorliegen“, so eine Sprecherin.

Allein in der Stadt Kleve gibt es 51 Unterkünfte

Die Stadt Kleve, in der es 51 Unterkünfte und nach NRZ-Informationen mindestens einen Ausbruch in einer Unterkunft gibt, teilt mit, sie könne zu der Anzahl der Betroffenen keine Angaben machen: Dafür sei der Landrat des Kreises Kleve zuständig. Das Landesgesundheitsministerium wiederum räumt ein, dass von den Wohnsituationen der Leiharbeiter möglicherweise Infektionsgefahren ausgehen, NRW habe aber keine Zuständigkeit für den Arbeitsschutz, weil der Arbeitsplatz der Menschen außerhalb des Landes liege.

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Die vier Bürgermeister Gochs, Emmerichs, Kleves und Kranenburgs fordern jetzt vom Land in einem Brief, die „schlachthofbezogenen Sammelunterkünfte“ zu kontrollieren und die Tests auch auf die in den Niederlanden arbeitenden Schlachthof-Beschäftigten auszuweiten. Allein in den vier Kommunen gibt es mindestens 130 Sammelunterkünfte.

Gewerkschafter Wennekers begrüßt das: „Man hat in der Corona-Krise so viele Gesetze blitzschnell verändert oder neu verabschiedet. Dann muss doch auch das möglich sein.“ Die Krise, so Wennekers, sollte jetzt genutzt werden, die Unterbringungssituation der Leiharbeiter zu verbessern.