An Rhein und Ruhr. Neukunden bleiben aus und durch stornierte Reisen brechen erarbeitete Erlöse nachträglich weg. Nun drohen Reisebüros weitere Millionenverluste.

Nur wenige Monate ist es her, da überschlugen sich die großen Reisebüros in der Region mit Erfolgsmeldungen: Das Düsseldorfer Unternehmen Alltours prognostizierte für das Geschäftsjahr 2019/20 einen Umsatzzuwachs von über 23 Prozent. Schauinslandreisen, mit Sitz in Duisburg, steuerte auf einen neuen Buchungsrekord hin. „Wir lagen mit rund 30 Prozent im Plus“, so Andreas Rüttgers, Leiter Touristik. Und auch die Essener Firma Kozica Reisen freute sich über leicht steigende Buchungszahlen.

Seit dem Ausbruch des Coronavirus kämpfen viele Reiseanbieter in NRW jedoch ums Überleben. „Bis August sind die Buchungen eingebrochen, ab September kommen vereinzelt wieder Buchungen rein“, erklärt Rüttgers. Auch bei Kozica Reisen sei das Neugeschäft seit Anfang März beinahe zum Erliegen gekommen. „Für den Herbst ab Oktober sowie den kommenden Winter und Sommer 2021 verzeichnen wir schwache Eingänge“, so Geschäftsführer Uwe Wenglikowski. Diese seien aber auch zum Teil auf Umbuchungen aus dem Sommer 2020 zurückzuführen.

Schauinslandreisen musste bereits 70 Millionen Euro zurückzahlen

Ein weiteres Problem: Durch stornierte Buchungen brechen den Reisebüros die Provisionen weg. „In den vergangenen Monaten erarbeitete Erlöse und Gewinne werden gerade rückwirkend vernichtet“, heißt es in einem offenen Brief verschiedener Reisebüro-Organisationen an die Bundesregierung. So musste Schauinslandreisen in den vergangenen Wochen rund 130.000 Kunden ihre ausgefallenen Urlaube zurückerstatten. Kostenpunkt: 70 Millionen Euro.

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Durch die Verlängerung der weltweiten Reisewarnung bis zum 14. Juni könnten nun weitere Millionenzahlungen hinzukommen. Zumal bei Schauinslandreisen bis vor einigen Tagen erst zehn Prozent der für den Sommer gebuchten Reisen storniert worden seien. Die Bundesregierung hatte deshalb bei der EU-Kommission erfolglos auf eine Gutschein-Lösung gepocht. Alltours setzt auf eine freiwillige Variante: „Wer sich für eine Gutschrift entscheidet, erhält als Dankeschön ein Upgrade und einen VIP-Service in seinem nächsten Urlaub mit uns“, so Pressesprecherin Alexandra Hoffmann.

Kozica Reisen: 20 Prozent des Jahresumsatzes verloren

Kozica Reisen habe durch die Verlängerung der Reisewarnung bereits mehr als 20 Prozent des Jahresumsatzes verloren. Das Essener Reisebüro lebe in erster Linie vom Auslandsgeschäft. 98 Prozent der gebuchten Reisen gehen ins Ausland. Auch bei Schauinslandreisen liege der Anteil von Reisen innerhalb Deutschlands bei nur fünf Prozent. „Es wird da kein großes zusätzliches Potenzial geben“, so Rüttgers. Zwar wolle man das Angebot anpassen. „Aber man sollte nicht annehmen, dass die Auslandsreisen auch nur marginal durch Reisen innerhalb Deutschlands ersetzt werden könnten.“

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Hinzu komme, dass Reisebüros – im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen – nicht komplett auf Kurzarbeit umstellen können. „Die stationären Reisebüros sind im Augenblick die einzigen Kontaktstellen und Kümmerer für Reisekunden“, sagt Wenglikowski. Ein Service, der nicht vergütet werde. „Als Reisebüro verdient man nur, wenn ein Kunde abreist, da auch erst dann in der Regel die Vermittlungsprovision des Reiseveranstalters ausgezahlt wird.“ Ohne diese Hilfe hätten viele Reisende keinen Ansprechpartner.

Kunden müssen mit steigenden Hotelpreisen rechnen

Urlauber, die jetzt schon ihre nächste Reise buchen wollen, müssten sich aber keine Sorgen um ihr angezahltes Geld machen, sagt Rüttgers: „Die Kunden können buchen für welchen Termin sie auch immer planen.“ Schließlich würden die Veranstalter ohnehin alle Reisen, die aufgrund der Corona-Krise nicht angetreten werden können, kostenlos stornieren.

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Reisende innerhalb Deutschlands müssten sich aber auf steigende Hotelpreise einstellen. „Einmal aufgrund der stärkeren Nachfrage, solange keine Auslandsreisen erlaubt sind“, sagt Wenglikowski. Andererseits müssten Hotels, falls die Politik Belegungsgrenzen festlegt, die Grundkosten auf weniger Gäste verteilen. Dann könne Kunden, die für Juli bis September ein Zimmer gebucht haben, trotz Öffnung eine Absage der Unterkunft drohen. „Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn nur 50 Prozent der Zimmer belegt werden dürfen“, so Wenglikowski. „Viele Hotels hatten bis Mitte März bereits eine Belegung von über 50 Prozent für diesen Zeitraum gebucht.“