An Rhein und Ruhr. Viele Kirchengemeinden werden jetzt kreativ und setzen in der Coronavirus-Krise auf Online-Gottesdienste. Eine Übersicht über die Angebote.
Leere Bänke, keine Messdiener und nur eine Handvoll Menschen, die mitsingen und beten: Bischof Felix Genn ist an diesem Sonntagvormittag fast alleine im Münsteraner St. Paulus-Dom, um den Gottesdienst zu feiern. Neben dem Geistlichen sind nur noch der Organist, eine Lektorin, der Kantor und ein Kameramann im Dom. Dass Gottesdienste aufgezeichnet werden, im Fernsehen, Radio und Internet übertragen werden, ist nichts Neues. Doch in Corona-Zeiten sind keine Gläubigen mehr in den Kirchen erlaubt, es hallt, wenn der Bischof spricht und die Lektorin die Lesung vorträgt.
Keiner raschelt in den Seiten des Gesangbuchs, niemand räuspert sich, nur wenn der Organist spielt, ist es laut in dem Gotteshaus. Bischof Genn spricht in seiner Predigt über die Corona-Lage, von Planungen, die über den Haufen geworfen wurden und von der großen Unsicherheit, was die Krise mit uns machen wird. Die Gläubigen, so der Bischof, seien nicht alleine, nur weil sie nicht kommen könnten.
Steigende Zugriffszahlen
Hoch über der Sakristei bringt das Technik-Team – mit genügend Abstand voneinander – den Gottesdienst ins Internet. Bei Youtube, wo die Messe ebenso gezeigt wird wie auf der Homepage des Bistums, sind die Reaktionen positiv. „Singe zuhause mit“, schreibt ein Nutzer. „Wenn wir schon nicht kommen können, dann ist Streamen eine gute Lösung“, findet ein anderer.
Seit Montag verzeichnet das Bistum Münster nach eigenen Angaben bei allen Streaming-Angeboten steigende Zugriffszahlen, auch weil viele Gemeinden am Niederrhein, deren Gottesdienste nun ausfallen, auf das Angebot verweisen. Für zahlreiche Gemeinden ist die Corona-Krise in den vergangenen Tagen Anlass gewesen, ihre digitalen Angebote noch mehr auszuweiten und kreativ zu werden.
Gottesdienste selber gestalten
In Duisburg feierten die evangelische Gemeinde Trinitas und die katholische Gemeinde St. Judas-Thaddäus eine ökumenische Andacht –- draußen und nur mit zwei Geistlichen und einem Musiker. Die Andacht fand vor einer Kirche im Stadtteil Rahm statt und wurde live bei Radio Duisburg und im Netz übertragen. Bis zum 19. April soll sie jeden Sonntag stattfinden.
Das Bistum Essen bietet neben den Übertragungen im Fernsehen, Radio oder im Internet nun wöchentlich neue Anregungen für Sonntagsgottesdienste, die auch Laien ohne Erfahrung alleine oder gemeinsam mit der Familie feiern können. Dazu erscheinen Vorschläge mit verschiedenen Liedern und Texten auf der Seite des Bistums. Neben zwei Gottesdienst-Versionen – eine für Erwachsene, eine für die Feier mit Kindern – gibt es auch „Regie-Anweisungen“.
„Im Moment ist viel Neues unterwegs“
Zu den Liedern sind nicht nur die entsprechenden Nummern aus dem Gesangbuch angegeben, sondern auch passende Links zu Videos mit Chören und Musikern. „Im Moment ist viel Neues unterwegs“, sagt Thomas Rünker, Sprecher des Bistums. Glücklicherweise seien die meisten Gemeinden mittlerweile mit modernster Technik ausgerüstet, so dass es für jeden Gläubigen das passende Angebot gebe. Für die bevorstehende Osterzeit würden sich die Experten im Bistum derzeit beraten, um das Fest trotz aller Beschränkungen begehen zu können.
Pia Laurich vom Bistum Essen betreibt mit einem siebenköpfigen Team „Heaven on Line“, das digitale Angebot für junge Menschen in der Fastenzeit. „Zurzeit nehmen wir eine starke Nachfrage nach unseren Online-Projekten und Alternativen zum Gottesdienst wahr“, erzählt Laurich. Wer sich angemeldet hat, bekommt täglich eine Mail mit Gebeten, Achtsamkeitsübungen und weiterführenden Links.
Fasten-Impulse an die Corona-Krise angepasst
Diese Impulse habe das Team an die Corona-Krise angepasst und aktualisiere sie ständig. Man merke, dass dieses Thema die Menschen derzeit am meisten beschäftige. „Bei anderen gibt es aber auch die Wahrnehmung, dass gerade jetzt die Normalität der Impulse und deren Inhalte wichtig sind in einem so veränderten Alltag“, so Laurich.
Für Gläubige, die gerade besondere Unterstützung in Anspruch nehmen wollen, gibt es zahlreiche Angebote der Kirchen. Das Bistum Münster informiert auf www.bistum-muenster.de/seelsorge_corona
über Online-Gottesdienste, Gebetsvorschläge und soziale Initiativen.
Das Bistum Essen hat auf www.corona.bistum-essen.de ebenfalls alle neuen und bereits bestehenden Angebote zusammengestellt. Die evangelische Kirche im Rheinland gibt auf www.news.ekir.de einen Überblick. Alle Seiten werden täglich aktualisiert.