An Rhein und Ruhr. Bundesweit haben Bauern vor Aldi-Zentrallägern gegen niedrigere Milchpreise protestiert. In NRW waren „mindestens 1000 Landwirte“ aktiv.

Aufgebrachte Landwirte haben in der Nacht zu Montag vor Zentrallagern von Aldi Süd und Aldi Nord gegen eine drohende Milchpreissenkung der Discounter protestiert. „Aldi wirbt gegenüber Verbrauchern mit Regionalität, tatsächlich scheint es aber nur um den Preis zu gehen“, klagte Georg Biedemann, NRW-Sprecher der Organisation „Land schafft Verbindung“ (LSV) gegenüber der Redaktion.

Biedemann schätzt, dass sich in NRW „mindestens 1000 Landwirte“ an der bundesweiten Aktion beteiligt hätten. Der LSV-Sprecher geht davon aus, dass es im größten Bundesland kein Aldi-Zentrallager gab, wo keine Bauern standen. Vereinzelt muss es offenbar auch zu Blockaden gekommen sein - etwa im westfälischen Werl, wo 80 Traktoren standen und die letzten Bauern die Verkehrswege laut Polizei erst morgens gegen sieben Uhr freigaben.

Eine Preissenkung bei Aldi hätte Signalwirkung

Solche Blockaden hätten sich aus einer Dynamik vor Ort ergeben: „Wir als LSV haben nicht zu Blockaden aufgerufen und befürworten das auch nicht“, betonte Biedemann. Üblicherweise hätten die Landwirte schiedlich-friedlich neben den Aldi-Standorten demonstrierten – so etwa im niederrheinischen Rheinberg, wo 150 Landwirte mit 100 Schleppern vorgefahren waren. Weitere Proteste gab es im Rheinland und im Bergischen Land u. a. in Kerpen, Eschweiler, Radevormwald.

Auch interessant

Aktuell bekommen Landwirte je nach Molkerei etwas über 30 Cent je Liter konventionell erzeugter Kuhmilch. Sie lagen in der Vergangenheit auch schon mal deutlich schlechter. Aktuelle Medien- und Insiderberichte legen nahe, dass Aldi Nord und Süd die Milchpreise drücken will. Dafür spricht, dass beide Unternehmensgruppen zusammen in die Verhandlungen mit den Molkereien gehen und so ihre gemeinsame Marktmacht in die Waagschale legen. Eine Preissenkung bei Marktführer Aldi hätte Signalwirkung für den übrigen Lebensmitteleinzelhandel.

Discounter: „Keine Anzeichen für einen Anstieg“

Ein Lichtermeer: Gut 100 Schlepper fuhren laut Georg Biedemann bei Aldi in Rheinberg vor.  
Ein Lichtermeer: Gut 100 Schlepper fuhren laut Georg Biedemann bei Aldi in Rheinberg vor.   © Biedemann

„Wenn ALDI Nord und Süd diesen verantwortungslosen Weg gehen und gegen den aktuellen Trend am Markt die Preise drücken wollen, setzen sie ein fatales Zeichen“, klagte Andrea Hornfischer von den Rheinischen Bauern, die rund 10.000 aktive Betriebe vertreten. Die Discounter zeigten, dass ihnen die Bauern nichts wert und ihnen die Versorgung mit hochwertigen regionalen Lebensmitteln gleichgültig sei: „Nachhaltigkeit sieht anders aus“, meinte Hornfischer. Die rheinischen Bauern forderten, dass die neue EU-Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken 1 zu 1 in Deutschland umgesetzt wird.

Aldi Nord und Aldi Süd hatten am Freitag in einer gemeinsamen Mitteilung erklärt, dass ihnen an „einer partnerschaftlichen und vernünftigen Einigung“ im Sinne aller Beteiligten liege. Allerdings betonten die Discounter ausdrücklich auch, dass sich die Preise an Angebot und Nachfrage orientieren müssten und am Weltmarkt mit seinen Schwankungen und Währungsveränderungen. Für einen Anstieg sehe man aktuell jedenfalls keine Anzeichen, hieß es. Anfang Februar hatte Aldi am Spitzengespräch bei Kanzlerin Merkel teilgenommen, bei dem es um faire Preise für Erzeuger ging.

Viele Milchkuhhalter haben aufgegeben

Niedrigere Preise würden viele Landwirte zur Unzeit erwischen. Nach den dürren Sommern der letzten Jahre durchleben viele Milchhöfe schwere Zeiten. Seit 2015 hat in NRW mehr als jede fünfte Milchkuhhaltung aufgegeben; die jüngste Viehzählung im November 2019 ergab NRW-weit noch 5381 bäuerliche Betriebe mit Milchkühen. LSV-Sprecher Biedemann sagte, dass die Anforderungen an die Viehhaltung immer weiter steigen würden: „Man kann nicht immer mehr erwarten und zugleich weniger für die Milch zahlen.“