An Rhein und Ruhr. Der Zoll an der holländischen Grenze setzt gegen Drogenschmuggler Spürhunde ein. Ohne die Hunde hätten sie kaum eine Chance, sagen die Zöllner.
Es sind nur Sekunden, die den Zollbeamten bleiben. Sekunden, um zu entscheiden, welches Auto sie als nächstes an der holländischen Grenze aus dem Verkehr ziehen und kontrollieren wollen. Denn dann muss alles ganz schnell gehen – im wahrsten Sinne. Vom Seitenstreifen auf über 200 km/h in nur wenigen Augenblicken.
Jetzt im Vollgas-Visier der Beamten: ein schwarzes Sportcoupé mit belgischem Kennzeichen, am Steuer ein junger Mann. Trotz Highspeed brauchen die Duisburger Zöllner einige A40-Kilometer, bis sie sich vor den Wagen setzen und ihre Leuchtschrift anschalten können. „Bitte folgen“.
Drogenkontrolle auf dem Rastplatz
Die Beamten sind an diesem Vormittag auf der Suche nach Drogen. Marihuana, Ecstasy, Crystal Meth, Kokain. Aber auch große Mengen Kaffee, Tabak, Waffen und geschützte Tiere haben sie im Blick. Mehr als 90 Kilo illegale Rauschmittel konnten die Duisburger Zöllner 2018 sicherstellen. Im Jahr 2017 waren es wegen eines Großfundes 280 Kilogramm. Mal zehn Kilo beim Großschmuggler, mal Grammbeutelchen beim Gelegenheitskiffer.
Auch interessant
Zum Revier der Duisburger Zöllner gehört mit der A 40 eine der wichtigsten Verbindungen von den Niederlanden ins Ruhrgebiet. Aber auch Landstraßen, Züge, der Flughafen Weeze und die Binnenschifffahrt zählen dazu. Jeden Tag sind hier Einheiten des Zolls unterwegs und machen Stichproben. Was anderes bleibt bei der hohen Verkehrsdichte kaum übrig, sagen sie.
Diensthündin Cleo bei der Kontroll dabei
Für den jungen Mann aus Belgien und seinen Beifahrer geht es auf einen Rastplatz bei Tönisberg. Die Kontrolle läuft reibungslos. Führerschein, Fahrzeugschein, einmal Taschen leeren und Kofferraum auf. Routine. Die Belgier nehmen die Kontrolle gelassen, erkundigen sich auf Englisch nach dem Tempolimit und erklären, sie seien auf dem Weg nach Essen zur Motor Show. Zum Beweis zeigen sie zwei Eintrittskarten. Eine plausible Erklärung für die Beamten. Die Männer dürfen weiterfahren. Für Diensthündin Cleo gibt es vorerst nichts zu tun.
Die belgische Schäferhündin hat die Kontrolle aufmerksam von ihrer Hundebox im Kofferraum verfolgt – bei geöffneter Heckklappe. Im Notfall soll die neunjährige Hündin so schnell zur Stelle sein, außerdem wirke das Tier deeskalierend, erklärt ihr Hundeführer. „Viele Menschen haben mehr Respekt vor dem Hund als vor unserer Dienstwaffe, die wir offen tragen.“
Beamte kontrollieren an mobiler Kontrollstelle
Auch interessant
An einer Raststätte einige Kilometer näher an der Grenze haben die Zollbeamten eine mobile Kontrollstelle aufgebaut. Zwei Einsatzwagen drehen hier ihre Runden, die Beamten lotsen immer wieder Autos zur Kontrolle. Wonach sie die Wagen aussuchen, sagen die Zöllner nicht direkt. Es sei ein bisschen Erfahrung dabei, aber kein spezielles Raster. Denn das Schmuggeln von Drogen gehe durch alle Schichten, erklären sie, ob jung oder alt, arm oder reich, Familienvater oder Junggeselle. Zum Teil orientiere man sich aber auch an den Kennzeichen. Je weiter entfernt, desto mehr interessiert die Beamten die Frage: „Was haben sie eigentlich in Holland gemacht?“
So auch bei dem Ukrainer, den die Beamten jetzt in ihrer Kontrollstelle stehen haben. Er ist mit einem schon etwas in die Jahre gekommenen Kleintransporter unterwegs, auf seinem Anhänger steht ein schwer demolierter Unfallwagen. „Jede Menge Möglichkeiten, Betäubungsmittel zu verstecken“, erklärt ein Zollbeamter. Während der Fahrer einige Meter abseits wartet, eine Zigarette raucht und etwas missmutig dreinblickt, ist Cleos Einsatz gekommen.
Gründlich durchschnüffelt die Hündin den Laderaum, die Fahrerkabine und den kaputten Unfallwagen nach Rauschmitteln. „Kleinste Rückstände reichen aus, dann zeigt uns Cleo das an. Wir nennen das Einfrieren, weil der Hund sich dann gar nicht mehr bewegt“, erklärt der Hundeführer. In diesem Fall findet Cleo aber nichts. Der Mann aus der Ukraine darf weiterfahren.
Auch interessant
Ohne die Unterstützung von Zollhund Cleo oder einen Hinweis hätten die Zöllner bei vielen Kontrollen kaum eine Chance, versteckte Drogen zu finden. Denn die Verstecke werden immer raffinierter, erzählt Frank Kimpfel, Leiter des Sachgebietes Kontrolle beim Hauptzollamt in Duisburg. Es gebe sogar Auto-Werkstätten auf beiden Seiten der Grenze, die sich darauf spezialisiert hätten, möglichst unfindbare Drogenverstecke in Autos einzubauen. Etwa nachträglich eingebaute Hohlräume, die nur dann sichtbar werden, wenn man den Beifahrersitz ausbaut und den ausgelegten Teppich aufschneidet. „Es gibt Möglichkeiten ohne Ende.“
Zollberuf hat sich stark gewandelt
Kimpfel ist seit über 30 Jahren Zollbeamter. In dieser Zeit hat sich sein Job sehr verändert, erzählt er: „Wir haben damals noch mit mechanischen Rechenmaschinen, Karteikarten und Durchschreibepapier gearbeitet. All das gibt es heute nicht mehr.“ Natürlich sei man jetzt digital aufgestellt, aber „wo mehr möglich ist, wird auch mehr erwartet.“
Hinzu kommt, dass der Beruf nicht ganz gefahrlos sei. Immer mal wieder käme es vor, dass Autofahrer vor einer Kontrolle fliehen wollen oder aggressiv auftreten. „Man weiß nie, wen man bei einer Kontrolle vor sich hat“, so Kimpfel. Deshalb tragen er und seine Kollegen neben der Dienstwaffe auch schusssichere Westen. „Ein guter Arbeitstag war es, wenn alle Kollegen wieder gesund und heile auf der Dienststelle ankommen“, sagt eine Zollbeamtin: „Wenn wir dann noch ein paar Aufgriffe hatten, ist es umso schöner.“
Aufgriffe, die sie an diesem Vormittag nicht haben. Keiner der kontrollierten Autofahrer hatte Rauschmittel dabei. „Man kann es eben nicht erzwingen“, sagt ein Zollbeamter, „aber wir lassen uns davon nicht entmutigen.“
Wahrscheinlich schon morgen werden seine Kollegen und er wieder auf dieser oder einer anderen Raststätte stehen und nach Drogen suchen. Immer in der Hoffnung, einen ganz großen Fisch zu kriegen.
>>>Fund von Cleo führt zur Zerschlagung von Drogenring
Eine richtig gute Nase hat Hündin Cleo im vergangenen Jahr bewiesen. Bei einer Routinekontrolle eines Reisebusses, der von Rotterdam nach Bukarest unterwegs war, erschnüffelte die Schäferhündin ein Paket mit 1,1 Kilogramm Kokain und 2,2 Kilogramm Ecstasy. Die Drogen waren in einem vollen Waschmittelkarton versteckt.
Gemeinsam mit rumänischen Behörden entschied das Zollfahndungsamt in Essen, das Paket kontrolliert nach Bukarest weiterzuleiten. Dort entdeckten Beamten, dass das Paket für die Versorgung eines rumänischen Drogenrings bestimmt war. Insgesamt konnten so fünf Personen festgenommen und weitere Drogen sichergestellt werden.