Spellen. Im Rheindorf Spellen braut das Brauprojekt 777 mit regionalen Zutaten Bierspezialitäten. Die Craft-Brauer sind tief mit der Region verbunden.

Erdbeer Ale, Coffee Stout, Triple 7 IPA. So ausgefallen, wie die Biersorten des Brauprojekts 777 sind, so unscheinbar ist die Brauerei, aus der sie stammen. Mitten im Rheindorf Spellen gelegen, zwischen Ein- und Mehrfamilienhäusern liegt die kleine Lagerhalle – eine ehemalige Schlosserei – in der Torsten Mömken und Arne Hendschke zusammen mit Christian Preuwe und Tim Schade ihren Traum von der eigenen Brauerei verwirklicht haben. Was sie dort brauen und abfüllen, ist mittlerweile von Enschede bis Bonn zu bekommen und hat bei internationalen Bier-Wettbewerben Gold- und Silbermedaillen abgeräumt. Eine Entwicklung, die kaum abzusehen war, als sie vor 17 Jahren ihr erstes Bier, ein Pils, in einer Milchkanne über offenem Feuer brauten.

Heute steht Torsten Mömken in der frisch gefliesten Brauereihalle zwischen 1000-Liter-Gärtanks und einer selbstgebauten Abfüll-Anlage und muss über diese Geschichte schmunzeln. „Das Bier war nicht so besonders. Aber es war trinkbar.“ Schnell wurde aus den ersten Versuchen am Braukessel mehr; auf einer Anlage für 120 Liter Marke Eigenbau brauten die Freunde Pils für die eigene Mofagang. Bei jeder Tour gab es dann Bier zum Probieren: „Von Tour zu Tour wurde unser Bier so verbessert.“ Das Pils, das sie erst passend zur Mofagang „Kobrabräu“ nennen und das heute unter dem Namen „PILSSS“ im Sortiment ist, war geboren.

Brauprojekt 777 braut 21 Bierspezialitäten

Vier Sorten vom Brauprojekt 777: Pilsss, Single Hop, Red Ale und Triple 7 IPA.
Vier Sorten vom Brauprojekt 777: Pilsss, Single Hop, Red Ale und Triple 7 IPA. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Doch beim Pils ist es nicht geblieben. 21 verschiedene Bierspezialitäten haben sie bis heute in ihren Gärtanks reifen lassen, vier davon – Pils, Single Hop, Red Ale und Triple IPA – sind das ganze Jahr über erhältlich, andere Sorten sind saisonal und meist nur einen Monat im Jahr zu bekommen. So etwa das goldbraune Winterbier oder das stärker eingebraute Snow White Seven, das mit weihnachtlichen Gewürzen wie Zimt, Nelken und Orangenschalen die Festtage versüßen soll. „Wir brauen das, worauf wir Lust haben“, sagt Arne Hendschke, „und von dem wir denken, dass es passt.“ Dabei darf es gerne auch mal experimenteller werden, sagen die Brauer, „aber immer nur mit frischen Produkten“.

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Passend zum Erntedankfest präsentieren die jungen Bierbrauer mit ihrem Erntetrank etwa ein Bier, das mit heimischen Zutaten vom Niederrhein gebraut wird: rote Beete, Zitronenmelisse und Pfefferminze aus einem Garten aus der Nachbarschaft, den Hopfen bauen Mömken und seine Mitstreiter sogar selbst an: „Wir haben hier auf dem Land gute Möglichkeiten.“ Und auch gute Netzwerke, erklärt der ehemalige Maschinenbautechniker. So entstanden ein Bierbrand und das Coffee Stout in Zusammenarbeit mit einer Destille und einer Rösterei vom Niederrhein, ein Bäcker aus der Umgebung backt Brot aus dem Malz, das beim Brauen übrig bleibt, ein Biohof produziert Käse aus dem Bier der Spellener.

Erster Werksverkauf wird zum vollen Erfolg

Den Schritt vom Hobby zum Gewerbe gehen die vier Freunde 2012, im Jahr darauf merken sie bei einem Werksverkauf, wie gut ihr Bier ankommt: „Wir hatten irgendwas zwischen 500 und 600 Liter und waren nach einer halben Stunde ausverkauft“, erzählt Mömken. Erst beim vierten Verkauf ab Werk können sie der steigenden Nachfrage gerecht werden. „Mit so einer Resonanz hatten wir nicht gerechnet. Die Leute hatten richtig Bock auf unser Bier.“

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Mit dem Erfolg wächst die Arbeit. Als erster gibt Arne Hendschke seinen Job auf, um sich voll auf das Brauprojekt konzentrieren zu können. Als 2014 die ersten Anfragen von Einzel- und Getränkehändlern ankommen, steigt auch Torsten Mömken bei seinem Job aus und vollberuflich beim Brauprojekt ein. Drei bis vier Tage in der Woche wird jetzt gebraut, trotzdem kommen sie manchmal nicht hinterher: „Wir kämpfen gegen die Nachfrage.“ Beim letzten Werksverkauf seien wieder einige Kunden leer ausgegangen, die das herbstliche Kürbis Ale aus Spellen kaufen wollten. Und auch mit Kapazitätsgrenzen hadert das Brauprojekt: Ein Lagerraum für die Rohstoffe musste schon angemietet werden. Beim Bier ist aber noch Luft, sagt Brauer Arne Hendschke: „Bier können wir hier noch einiges brauen.“

Brauprojekt eröffnet Bar im Berliner Tor in Wesel

Das Berliner Tor in Wesel, hier wird das Brauprojekt eine Pop-Up-Bar eröffnen.
Das Berliner Tor in Wesel, hier wird das Brauprojekt eine Pop-Up-Bar eröffnen. © FUNKE Foto Services | Lars Tenorth

Und das wird auch gebraucht. Denn 2020 geht das Brauprojekt neue Wege, wie Torsten Mömken erzählt. Im Berliner Tor in Wesel werden sie im Mai eine eigene Bar eröffnen. An sechs oder sogar zehn Zapfhähnen sollen dann Kreationen aus der kleinen Brauerei aus Spellen fließen, aber auch Bier von befreundeten Brauern aus der Region. Auf den Tellern soll es ebenfalls nur Leckeres aus der Umgebung geben: „Wir wollen nur Dinge anbieten, von denen wir die Erzeuger persönlich kennen.“ Ganz regional eben.

>>> Adventsverkauf mit besonderen Spezialitäten

Pünktlich zur Weihnachtszeit öffnet das Brauprojekt seinen Werksverkauf gleich viermal. An jedem Adventssamstag – zwischen 30. November und 21. Dezember – gibt es von 11 bis 15 Uhr einen Verkauf der gängigen Sorten. Außerdem werden dann wieder winterliche Spezialitäten angeboten, die es das ganze Jahr über nicht gibt.

Der Werksverkauf findet statt in der Brauerei, Friedrich-Wilhelm-Str. 48 in 46562 Voerde-Spellen.