An Rhein und Ruhr. Leere Dosen, zurückgelassene Zelte und ganz viel Plastik: Bei Festivals bleibt oft viel Müll zurück. So kämpfen Veranstalter gegen die Müllberge.
Die Sonne brutzelt, die Band gibt Vollgas und an den Getränkewagen läuft das Bier in Strömen: Sommerzeit ist Festivalzeit. Landauf, landab finden jetzt in Deutschland und auch in der Region fast an jedem Wochenende Musikfestivals statt, mal als Event in der Innenstadt, gerne aber auch auf der grünen Wiese mit Campingmöglichkeit. Gerade diese Festivals, bei denen die Besucher für zwei, drei oder mehr Nächte ihre Zelte aufschlagen können, haben ein immer größer werdendes Problem: Nach der Abreise gleicht der Campingplatz einer Müllhalde – leere Getränkedosen, zurückgelassene Zelte oder sogar ganze Couchgarnituren werden von den Besuchern achtlos auf dem Platz verteilt. Die Folge: Wenn die letzte Gitarre verstummt ist und die Besucher Richtung Ausgang strömen, rücken große Reinigungstrupps an, die den Müll zusammenräumen müssen. Für die Veranstalter ein aufwendiges und immer teureres Unterfangen.
Müll auf Festivals wird zum Problem für Veranstalter
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Zuletzt machte das Festival „Rock im Park“ in Nürnberg mit Bildern vom stark vermüllten Campingplatz Negativ-Schlagzeilen, woraufhin im Netz eine Diskussion entbrannte. Kommentatoren warfen den jungen Festivalgängern Doppelmoral vor: einerseits bei Wahlen mehrheitlich die Grünen wählen und sich für Klimaschutz interessieren, andererseits in der eigenen Freizeit haufenweise Müll hinterlassen.
Doch so leicht scheint es nicht zu sein – keinesfalls sind alle jungen Festivalbesucher Wähler der Grünen, außerdem trage auch der Veranstalter eine Verantwortung. Oftmals würde es nämlich an der passenden Infrastruktur auf dem Festival- und Campinggelände mangeln, sagt Carlotta Behle, Referentin für Kultur und Freiräume im Asta der Universität Duisburg-Essen: „Es gibt wenige Eimer und Entsorgungsstellen. Außerdem ist man oft auf Fertigprodukte angewiesen, die in Plastik verpackt sind.“ Auch an Getränkewagen und Essensständen würden Plastikbecher und -geschirr verteilt. Das führe zu großen Müllbergen.
Haldern Pop, Ruhrpott Rodeo & Co: So gehen Festivals mit Müll um
Bei vielen Festivalveranstaltern in der Region ist dieses Problem ein Thema, erzählt Alexander Schwers, Veranstalter des Punk-Festivals Ruhrpott Rodeo in Hünxe (5.-7. Juli). „Viele sind derzeit auf der Suche nach Lösungen. Wir haben uns lange einen Kopf gemacht, weil normale Einwegbecher nicht mehr vertretbar sind.“ Aber auch Mehrweg sieht er kritisch, zu oft müssten diese benutzt werden, um ökologisch tragbar zu sein, außerdem käme jeweils das Spülen hinzu. Er habe sich deshalb für Bio-Einwegbecher entschieden. „Das sind die bestmöglichen Becher, die ich bestellen konnte.“ Auf dem größten Punk-Festival Deutschlands (rund 7500 Besucher) sollen jetzt eigens Kübel für die Becher aufgestellt werden. Doch das Bechersystem mache nur einen kleinen Teil des Mülls aus, so Schwers. Vor allem auf dem Zeltplatz bleibe nicht nur viel Müll liegen, auch viele Zelte würden zurückgelassen. „Wir bekommen Rückmeldung von Besuchern, die uns schreiben, dass das eine Riesensauerei ist.“ Er appelliere daher an die Besucher, nicht so viel Müll zu hinterlassen.
Dass Vertrauen in das eigene Publikum etwas bringt, davon ist Stefan Reichmann, Organisator des Haldern Pops in Rees (8.-10. August), überzeugt: „Wir haben in unserer Geschichte mit dem Publikum gemeinsam gelernt und früh auf gesunden Menschenverstand gesetzt.“ Das zahle sich aus: „Die Besucher haben das Gefühl, dass das auch ihr Festival ist. Wir sind jedes Jahr erstaunt, wie wenig Müll liegen bleibt.“ Das liege auch an der „sozialen Größe des Festivals“ (7000 Besucher), wie Reichmann es nennt: „Bei größeren Festivals werden die Besucher zum Konsumenten und verhalten sich auch so.“ Das Haldern Pop setzt bereits seit 1993 auf ein Mehrwegbechersystem, zusätzlich werden Müllsäcke an Besucher verteilt.
Campusfest in Essen setzt auf Nachhaltigkeit
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Eine ähnliche Größe hat auch das Traumzeit Festival in Duisburg (14.-17. Juni). Frank Jebavy, Leiter der Traumzeit im Landschaftspark Nord, zieht in diesem Jahr eine positive Müllbilanz: „Es ist relativ wenig angefallen.“ Das liege zum einen daran, dass das Traumzeit-Publikum „mehr öko getrimmt“ sei, wie Jebavy es nennt. Zum anderen habe man die Betreiber von Essensständen dazu angehalten, Mehrweggeschirr zu benutzen und auf Plastik zu verzichten. Von den rund 700 Campern, die beim Festival ihre Zelte aufgeschlagen haben, kann er auch nur positiv berichten: „Sperrmüll gab es keinen und auch sonst blieb fast nichts an Hinterlassenschaften.“
Gänzlich auf das Thema Nachhaltigkeit setzt in diesem Jahr der Asta der Universität Duisburg-Essen mit seinem Campusfest „Baum und Bass“ in Essen (28. Juni). Ziel ist es, Plastikmüll komplett zu vermeiden, sagt Aylin Kilic, Asta-Vorsitzende. Dafür werde es statt Müllbeuteln aus Plastik eine Papierversion geben, außerdem sollen an allen Essensständen Verpackungen möglichst vermieden werden, etwa durch essbare Teller. Das Essensangebot soll dabei „möglichst vegan, regional und saisonal“ sein, so der Asta. In den vergangenen Jahren musste nach dem Fest der Campus immer gründlich aufgeräumt werden, vor allem kaum sichtbarer Müll wie Kronkorken in der Campuswiese oder Zigarettenstummel seien dabei in großer Menge zusammengekommen, so die beiden Asta-Vertreterinnen.
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Auch Feste in Innenstädten befassen sich mit dem Thema Müll. Besondere Probleme habe es in den vergangenen Jahren aber keine gegeben, bekräftigen sowohl Duisburg Kontor, das für die Organisation des Duisburger Stadtfests (18.-21. Juli), das Weinfest (1.-4. August) und den Weihnachtsmarkt (14. November-30. Dezember) verantwortlich ist, als auch Essen Marketing, das Essen Original (6.-8. September) veranstaltet. In Duisburg gebe es kein spezielles Müllkonzept, lediglich beim Weinfest würden aufgrund der vielen Weinflaschen zusätzliche Glascontainer aufgestellt, so Sprecher Patrick Kötteritzsch. Probleme mit Glasbruch habe man fast keinen, da Gläser bepfandet werden. In Essen hat man bereits einige Maßnahmen getroffen, um Müll zu vermeiden. Laut Sprecherin Ina Will haben Gastronomen die Auflage bekommen, nur Mehrwegbehältnisse herauszugeben. Außerdem sei man von gedruckten Bühnenaufstellern zu digitalen Varianten gewechselt und habe die Auflage des Programmheftes reduziert.
Spielorte bei Extraschicht sind selbst verantwortlich
Beim ruhrgebietsweiten Festival Extraschicht (29. Juni) gibt es kein übergeordnetes Müllkonzept, so Sprecher Jan Pass. Dies sei Aufgabe der einzelnen Spielorte und bislang problemlos abgelaufen. „Die Spielorte sind sehr gewissenhaft und auch unsere Besucher sind diszipliniert.“ Als einer der Spielorte setzt etwa das Weltkulturerbe Zollverein in Essen auf kompostierbare Einwegbecher. Man arbeite für die Extraschicht zudem mit einem Dienstleister zusammen, der vertraglich darauf achten soll, dass recycelbare Materialien verwendet werden.