An Rhein und Ruhr. Nach dem Aus für den Betrieb aus Hünxe werden Abnehmer für die Filialen gesucht. Ein typischer Fall des Bäckersterbens ist die Pleite aber nicht.

Das Logo mit der goldenen Brezel wird bald aus den Städten am Niederrhein verschwinden: Die Bäckerei Karl aus Hünxe hat Ende Mai ihre Produktion eingestellt, die verbliebenen knapp 30 Filialen zwischen Kleve und Düsseldorf sind dicht. Das mittelständische Unternehmen reiht sich damit allerdings nur auf den ersten Blick in den allgemeinen Trend ein, dass es in Nordrhein-Westfalen immer weniger Bäckerei-Betriebe gibt.

Die Zahl der Bäcker nimmt seit Jahren ab. Gab es 2008 noch 2396 handwerkliche Bäckereien in NRW, so waren es 2018 nur noch 1631, wie aus Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerkes vor einigen Wochen hervorging. Jedes Jahr schließen demnach mehr Betriebe, als neue eröffnet werden.

Weniger Bäckereien in den Kreisen Kleve und Wesel

Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Den Fachbetrieben macht die Konkurrenz der großen Handelsketten wie Edeka, Rewe, Aldi oder Lidl zu schaffen. Hinzu kommen Fachkräftemangel und das gesunkene Interesse von Schulabgängern an einer Ausbildung zum Bäcker. Oft steht auch kein Nachfolger für alterende Eigentümer bereit.

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Die Folge ist ein Konzentrationsprozess, der schon seit Jahrzehnten im Gang ist, wie es bei der für den Niederrhein zuständigen Handwerkskammer Düsseldorf heißt. „Es gibt zwar weniger Betriebe, die Zahl der Beschäftigen ist aber stabil und die Umsätze in der Branche sind in den letzten Jahren sogar leicht gestiegen“, sagt Kammer-Sprecher Alexander Konrad. Bedeutet: Bäckereibetriebe werden immer größer, haben häufig mehr als 500 Mitarbeiter, den kleinen Bäcker von nebenan gibt es hingegen immer seltener.

Großbäckerei Büsch hat ihren Sitz in Kamp-Lintfort

Konrad macht das an den Zahlen für die Kreise Kleve und Wesel deutlich: Im gesamten Kreis Kleve gab es 2015 noch 41 Bäckereien, 2018 waren es nur noch 34 – die Zahl der Beschäftigten sank allerdings nur von 1038 auf 1010. Im Kreis Wesel gab es 2015 noch 47 Betriebe mit 4390 Mitarbeitern, 2018 waren es dann noch 45 mit 4280 Mitarbeitern. Die hohen Mitarbeiterzahlen im Kreis Wesel erklären sich laut Handelskammer vor allem durch die Großbäckerei Büsch, die ihren Hauptsitz in Kamp-Lintfort hat.

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Dass nun bei der Bäckerei Karl der Ofen ausgeht, hat für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten vor allem mit hausgemachten Problemen zu tun. „Das ist kein typischer Fall“, sagt der für den Niederrhein zuständige Gewerkschaftssekretär Andreas Singendonk. Mit gut 200 Mitarbeitern und zwischenzeitlich über 70 Standorten gehörte das Unternehmen ohnehin zu den größeren.

Bäckerei Karl aus Hünxe geriet schon 2017 in Schwierigkeiten

Die Bäckerei war bereits 2017 in finanzielle Schieflage geraten und es wurde beim Amtsgericht Duisburg ein Insolvenzverfahren eröffnet. Damals beschäftigte die Großbäckerei noch 450 Mitarbeiter. Die Bäckerei KH GmbH hatte das Unternehmen dann im März 2018 übernommen und die Produktion in Hünxe sowie die zahlreichen Filialen unter dem alten Firmennamen weitergeführt.

Bei dem Hünxer Unternehmen ist nun ein Insolvenzverwalter zuständig. Für die Filialen werden neue Inhaber gesucht, es gibt offenbar einige Interessenten. „Im Sinne der Mitarbeiter hoffen wir, dass sich so schnell wie möglich Lösungen finden“, sagt NGG-Vertreter Singendonk. Er geht davon aus, dass sich potenzielle neue Besitzer vor allem auf die umsatzstärksten Standorte konzentrieren werden. Letztlich wird es also darauf hinauslaufen, dass es nicht nur einen Back-Betrieb weniger am Niederrhein gibt, sondern auch deutlich weniger Filialen (mit mt).