An Rhein und Ruhr. . Viele Städte wollen ihre Friedhöfe verkleinern. In Mülheim gibt es daher Ärger. Hinzu kommt: Kirchen werden bei Urnenbeisetzungen zur Konkurrenz.
Bei den Lebenden in den Städten an Rhein und Ruhr herrscht Wohnungsnot – dafür sind auf Friedhöfen Plätze frei. Der Gedanke, Gräberfelder zur Wohnbebauung freizugeben, nützt jedoch wenig. Denn Friedhöfe haben eine extrem lange Lebensdauer – und die wird zunehmend zum Problem. Das wurde jetzt auf einer Tagung des Landschaftsverbandes Rheinland deutlich.
In Mülheim beispielsweise will die Stadt deswegen die Friedhofsflächen deutlich verkleinern – und hat deswegen ein Belegungsverbot erlassen: Keine neuen Bestattungen auf etlichen Gräberfeldern. Der Ärger ist groß. Witwen und Witwern wird zwar zugebilligt, nach dem Tod nebeneinander zu liegen.
Ärger um Verkleinerung des Friedhofs in Mülheim
Doch wer in der Grabstätte seiner Eltern beigesetzt werden möchte, hat beispielsweise Pech gehabt. Die Stadt plant zwar keine Umbettung, doch die Bürger sind derartig erzürnt, dass sie sogar schon eine Initiative gegründet haben: „Friedhöfe statt Streithöfe“ heißt sie und trifft sich am 17. Mai zum ersten Mal.
Derart lautstarker Streit um die Friedhöfe ist eher selten. Friedhöfe, so könnte man formulieren, sterben still: Mittlerweile sehen viele Gräberfelder aus wie ein löchriges Gebiss. Zwischen gepflegten Grabstätten sind immer mehr freie Grabfelder und an manchen Grabsteinen klebt schon ein grellfarbiger Zettel, der deutlich macht: Auch hier wird bald wieder ein Platz frei.
Angehörige werden dann aufgefordert sich binnen einiger Monate zu melden, um erneut einen Vertrag über meist 20 Jahre Nutzungsdauer abzuschließen. Falls nicht, kommt der Bagger und das Grab wird, so heißt es ziemlich pietätsarm, abgeräumt.
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Es sei denn, die Denkmalschützer intervenieren. Und das ist für die Angehörigen nicht unbedingt eine gute Nachricht: Dann muss die Grabstätte oder der Grabstein erhalten bleiben – auf Kosten der Erben. Da hilft nur, das Erbe auszuschlagen. Ratsam nur dann, wenn ansonsten vom Leben nichts übrig blieb.
Große Resonanz bei Tagung der Denkmalschützer
Das Verschwinden der Gräberfelder jedenfalls ruft die Denkmalschützer auf den Plan. „Wir waren überrascht von der Resonanz auf unsere Tagung“, so Ludger Suthoff, Leiter der Abteilung Restaurierung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Sogar aus anderen Bundesländern kamen Experten zum Austausch – und ins Grübeln: Einerseits sind die Denkmalpfleger dankbar, dass Kirchen erhalten bleiben, wenn sie zur Urnenaufbewahrung als so genanntes Kolumbarium genutzt werden.
„Wenn man so Kirchen erhalten kann, finde ich das sogar gut“, sagt Heike Blondin, verantwortlich für die Friedhöfe der Stadt Krefeld. „Aber was heißt das für uns als Kommune, wenn uns 2500 Urnenbestattungen verloren gehen?“ Die Antwort liefert sie gleich mit: Es macht die Kalkulation fürs Friedhofsamt schwieriger.
In Krefeld haben sie errechnet, dass ein Fünftel der städtischen Friedhofsflächen bereits als Grünanlage gelten. Und deren Pflege darf nicht auf die – merkwürdigerweise dennoch in vielen Städten stark steigenden Friedhofsgebühren umgelegt werden. Auch Heike Blondin räumt ein, dass die Haushälter nur zehn Prozent Parkanteil berechnen.
In Düsseldorf ist man aus Gründen des Denkmalschutzes bereits dazu übergegangen, Paten für denkmalwürdige Grabanlagen zu suchen – und wird durchaus auch fündig. „Das sind bei größeren Gruften durchaus Aufwendungen für die Pflege im Bereich von 30.000 bis 50.000 Euro“, erläutert Jörg Deter von der Abteilung Friedhöfe der Stadt Düsseldorf.
Oft bieten diese altehrwürdigen Grabanlagen zwölf bis 16 Ruhestätten. Wer eine Patenschaft übernimmt, bekommt das Recht, freiwerdende Liegeplätze selbst zu nutzen. Und zahlt trotz eines manchmal opulenten Denkmals nur die Nutzungsgebühr für eine normale Grabstätte.
In Düsseldorf-Heerdt immerhin hat man es tatsächlich geschafft, eine Friedhofsfläche für die Bebauung frei zu bekommen. Allerdings hat man das Gräberfeld umgewidmet, bevor dort die erste Beisetzung stattfand.