An Rhein und Ruhr. . In Duisburg-Ruhrort wird der niedrigste Wasserstand aller Zeiten gemessen. Der Rhein sinkt weiter. Schifffahrt und Industrie haben höhere Kosten.
20 Zentimeter zeigt der Rheinpegel in Emmerich – Tendenz weiter sinkend: Der Rhein zieht sich weiter zurück als je zuvor, am Dienstag wurde in Ruhrort ein neuer Minusrekord gemessen. Das stellt Binnenschiffer und die davon abhängige Industrie vor Probleme. „Was schwimmen kann, schwimmt“, sagt Roberto Spranzi, Chef der Deutschen Transport-Genossenschaft Binnenschifffahrt.
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Dennoch wird es kritisch. Bernhard Lemkamp, Geschäftsführer der Niederrheinischen Dienstleistungsgesellschaft für Kies und Sand in Duisburg: „Schiffe können 3000 Tonnen laden, ein LKW meist nur 25 Tonnen. Der Mehraufwand ist enorm und kostet entsprechend. Dadurch haben wir natürlich Einbußen.“
Denn das mit den 3000 Tonnen gilt bei voller Ladung. Pegelstände wie in Duisburg und Emmerich bedeuten, dass die Fahrrinne zwar noch gut zwei Meter tief ist, üblicherweise sind es jedoch rund fünf Meter. Die Folge: „Ein Rheinschiff, 135 Meter lang, wird derzeit mit rund 1200 Tonnen beladen. Normal sind 3500 Tonnen“, so Spranzi.
Bedeutet: Wo sonst ein Schiff reicht, müssen drei fahren – wenn die denn zur Verfügung stehen – und es in den Häfen Platz gibt fürs Be- und Entladen. Hinzu kommt: „Die Fahrrinne ist bei Niedrigwasser eben deutlich enger. Wo Sie sonst am Niederrhein eine vierspurige Autobahn haben, ist jetzt nur noch eine Spur frei.“
Sorgen auch bei RWE: Der Energiekonzern kann das Steinkohlekraftwerk in Hamm derzeit nicht mit vollen Kohlefrachtern beliefern. Ein Unternehmenssprecher sagt, durch den niedrigen Wasserstand könnten die Schiffe zum Kraftwerk nur etwas mehr als zwei Drittel der eigentlichen Ladung transportieren – auf dem Kanal ist der Wasserstand noch etwas tiefer. Im Sommer war die Anlage sogar für wenige Tage vom Netz genommen worden, weil es Probleme beim Kohlenachschub gab.
Köln-Düsseldorfer stellt Betrieb südlich von Köln ein
Die Köln-Düsseldorfer Rheinschiffahrt hat wegen des Niedrigwassers alle Fahrten zwischen Köln und Mainz gestoppt. Auch der Düsseldorfer Medienhafen wird nicht mehr angefahren. Am Ober- und Mittelrhein fallen etliche Fähren aus.
Ähnlich sieht es bei der Montan-Industrie entlang des Rheins aus, die auf Nachschub von Kohle und Erz angewiesen ist. Mark Stagge, Sprecher bei Thyssenkrupp: „Bislang konnten wir die Effekte, die vor allem in der verringerten Beladung der Schiffe liegen, durch Anmietung weiterer Kapazitäten ausgleichen.
In Anbetracht der neuen Tiefststände müssen wir prüfen, ob weitere Anpassungen notwendig sind.“ Ein Umstieg auf andere Transportwege ist knifflig: Mit Lkw kommt man bei den Tonnagen kaum weiter. Und die Schienenwege an Rhein und Ruhr sind bekanntlich ebenfalls überlastet.
Auch, wenn Vollbeschäftigung für die Binnenschiffer zunächst mal positiv klingt, ist Roberto Spranzi, Vorstand der Deutschen Transport Gesellschaft, besorgt über die extrem niedrigen Wasserstände. Auch die so genannten „Kleinwasserzuschläge“, die die Auftraggeber zahlen, könnten den Mehraufwand der Binnenschiffer nicht decken: Die Fixkosten bleiben gleich, auch wenn nur ein Drittel der Fracht transportiert wird.
Dürreprämie auch für Binnenschiffer gefordert
Deswegen hat der Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt analog zu den Bauern die Bundesregierung aufgefordert, nicht nur Landwirten, sondern auch Binnenschiffern einen Ausgleich für die Dürre zu zahlen. Denn auf der Donau, der Elbe und der Weser wurde der Betrieb auf weiten Strecken eingestellt.
Profitieren können Unternehmen mit kleineren Schiffen auf dem Rhein. Schiffsführer Simon Hoffmann aus Monheim erklärt: „Große Unternehmen haben meist Doppelhüllenschiffe. Die können mehr Güter transportieren, sind aber schwerer.
Bei Niedrigwasser können sie viel weniger beladen werden.“ Hoffmann fährt Einhüllenschiffe, die trotz Niedrigwasser mehr laden können. Zudem bekommt er derzeit 65 Euro pro Tonne statt 15 Euro bei normalen Schiffsverkehr. Und: Weil er weniger Fracht transportiert, verbraucht er weniger Diesel.
Ein Ende des Rinnsals Rhein ist nicht in Sicht: Ergiebige Regenfälle sind genauso wenig zu erwarten wie Fluten vom Oberrhein: Bis rauf nach Baden-Baden führt Vater Rhein Niedrigwasser.