Twisteden. Der 64-Jährige kam 1991 zum ersten Mal auf den Spetshof in Twisteden. Mit Spargelbauer Theo Heuvens verbindet ihn mehr als nur die Arbeit.

Wir haben uns die Bank vom Biertisch geschnappt und sind vom Hof hinaus aufs Feld gelaufen. Ich übernehme die Regie, fahre wie Steven Spielberg mit dem Arm langsam über das weite Spargelfeld. „Herrlich, hier machen wir das Foto.“ Die beiden Männer schauen sich kurz an, dann sagt Theo: „Tja Herr Maruhn, schön, stimmt, aber das sind Kartoffeln, der Spargel steht da vorne...“ Upps. Zwei von uns lachen verschmitzt, einer verkrampft.

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Also gehen wir noch ein paar Meter, schließlich will ich hier auf dem Spetshof in Twisteden, kaum einen Frikandelwurf von der niederländischen Grenze entfernt, mit einem alten Spargel-Stecher reden. Und der Chef hier am Hofe, Theo Heuvens, setzt dann auch mit Eugenius einen Fuchs neben mich auf die Bank.

Mit dem Kommunismus war auch die Arbeit weg

Eugenius Piaskowski wurde vor 64 Jahren im Dörfchen Chlebowo in der Mitte Polens nahe Konin geboren, dort lebt er noch, wenn er nicht wie immer in den vergangenen 27 Jahren am Niederrhein für ein paar Wochen den Rücken krümmt. Ein großer Mann, schlank, aber die Hände verraten, dass er sein Leben nicht im Büro verbracht hat.

„Ich habe immer in der Landwirtschaft gearbeitet, zum Beispiel Erntemaschinen gefahren. Dann ging der Kommunismus und auch die Arbeit war weg.“ Aber seine Frau Grazyna und die beiden kleinen Jungs waren ja noch da. 1991 hat er sich deshalb erstmals Richtung Westen aufgemacht.

Acht Mark die Stunde

An der B 9 hier hat er damals gestanden, mit vielen anderen auf dem Polenparkplatz, wie das hieß. Hier hat er Theo getroffen, der Helfer suchte, hat zwei Tage auf dem Hof gearbeitet, aber Theo ließ sich die Adresse geben, schrieb ihm dann im nächsten Jahr zur Porree-Ernte einen Brief, und Genek, wie Eugenius sich nennt, kam wieder.

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Wie war denn damals die Bezahlung, Genek? „Acht Mark. Für uns viel Geld. Heute gibt’s neun Euro.“ Aber du bist inzwischen Rentner? „Seit einem halben Jahr, Grazyna seit drei Jahren, sie hat nachts in einer Bäckerei gearbeitet. Aber wir wollen etwas sparen, für unseren Enkel Oliver etwa, oder mal Möbel kaufen, und jedes Jahr Urlaub, Zakopane in der Tatra, eine Woche. Deshalb komme ich immer wieder hierher.“

Die Finger schmerzen nach dem Spargelstechen

Macht denn der Rücken noch mit? „Na ja, Der schmerzt schon, auch die Finger nach dem Spargelstechen. Aber so neun bis zehn Stunden kann ich schon noch arbeiten.“

Eugenius und Theo verbindet mehr als diese Arbeit. Die Männer mögen sich. Spürt man. Und daraus wuchs Vertrauen. Als Theo und seine Frau zwei Wochen auf der Aida Urlaub machten, Eugenius kam und hütete den Hof. Auch als Theo zwei Monate nach einer OP relativ schachmatt war, die polnische Feuerwehr rückte an.

Polnischer Gottesdienst für die Erntehelfer

Bis Mitte Juni wird Eugenius bleiben, wird die Euros sparen. „Aus Wodka hab ich mir nie viel gemacht, mancher Kollege hat das ganze Geld vertanzt. Ich nicht.“ Sonntags besucht er den Gottesdienst in St. Quirinus, einmal im Jahr wird die Messe auf Polnisch gehalten.

Wegen der Erntehelfer. Eugenius wirkt zufrieden. Seine Frau hat sich an seine Reisen für ein paar Euro mehr gewöhnt: „Früher war mehr Theater.“ Wir setzen uns zum Abschluss fürs Foto auf die Bank. Und ich hoffe, das im Hintergrund ist wirklich Spargel.