Bochum. Gesundheitsbehörden registrieren in diesem Jahr in NRW vergleichsweise viele Masern-Erkrankungen. Auch Keuchhusten fällt auf.
In Nordrhein-Westfalen sind seit Jahresbeginn 2024 so viele Masern-Fälle registriert worden, wie seit 2017 nicht mehr. Waren im Vorjahr landesweit nur neun Fälle registriert worden, sind es in diesem Jahr 239.
„Die Meldedaten zeigen in diesem Jahr seit der ersten Juni-Woche ein dynamischeres Masern-Geschehen als in den Wochen davor“, sagt eine Sprecherin des Landeszentrums Gesundheit (LZG) NRW. Das hat Gründe, erklärt die Sprecherin: „Durch die insgesamt in Europa erhöhten Masernfallzahlen kommt es regelmäßig zum Eintrag des Virus nach Deutschland.“
Masern in NRW: Impfquote liegt bei 97 Prozent
Dass es nicht viel mehr Fälle sind, wertet man beim Robert-Koch-Institut (RKI), dem zentralen Institut des Bundes für Krankheitsüberwachung und -Vorbeugung, als Beleg für den Erfolg des vor allem bei Kindern zum Kindergarten- und Schuleintritt geforderten Impfschutzes: „Die Impfungen gegen Masern und Röteln haben in Deutschland bereits zu einem drastischen Rückgang der Masern- und Röteln-Erkrankungen geführt“, sagt das RKI. Und beim LZG hebt man hervor: „Eine vollständige Masernimpfung bietet einen zuverlässigen Schutz vor einer Maserninfektion.“
In den Großstädten und Landkreisen in NRW liegt die Impfquote im Durchschnitt bei 97 Prozent. Ab 95 Prozent wird die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung effektiv unterbrochen, erläutert das RKI. „Punktuell“ jedoch können Masern-Fälle dennoch auftreten.
Die meisten Kinder ohne Masernimpfung gab es in Essen
Laut den Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen in NRW war die Impfquote bei Masern zum Schuljahr 2023/24 im Kreis Wesel mit 98 Prozent am höchsten und in Essen mit 95,6 Prozent am niedrigsten. Bundesweit gilt seit März 2020 eine Impfpflicht für Kinder vor Beginn des Besuchs von Kindergarten oder Schule; Gesundheitsämter dürfen die ärztliche Untersuchung eines Schülers sogar anordnen. Die meisten komplett ungeimpften Kinder im Schuleintrittsalter gab es in Essen (1,4 Prozent), in Oberhausen (0,9 Prozent) und im Kreis Mettmann (0,7 Prozent).
Gründe dafür kann es einige geben, etwa „verpasste oder verschobene Termine insbesondere bei Kindern während pandemischer Zeiten, eine geringe Risikowahrnehmung bezüglich der Masernerkrankung oder auch Vorbehalte gegenüber der Sicherheit von Impfungen“, erklärte im Frühjahr eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums.
Masern können auch zu einer Lungenentzündung führen
„Von den 239 aus NRW übermittelten Masern-Fällen im Jahr 2024 waren 96 Prozent nicht oder nicht vollständig geimpft“, sagt die LZG-Sprecherin. Dass die Masern-Zahlen 2020 bis 2023 nur einstellig waren, sei mit der Corona-Pandemie zu erklären: „Die damals ergriffenen Schutzmaßnahmen hatten sich auch auf andere über die Atemwege übertragbaren Krankheiten ausgewirkt.“
Symptome der Infektionskrankheit sind laut RKI etwa Fieber, Bindehautentzündung und der typische Hautausschlag. Als Komplikationen können Mittelohr- und Lungenentzündungen, sehr selten eine Gehirnentzündung auftreten. Eine Infektion schwächt häufig für längere Zeit das Immunsystem. Wer einmal Masern hatte, ist immun.
Keuchhusten in NRW: Über 3500 Fälle seit Jahresbeginn
Auffallend gestiegen sind auch die Keuchhusten-Fälle in NRW. 3537 Erkrankte sind seit Jahresbeginn 2024 gemeldet worden. Zum Vergleich: 2023 waren es 292 Fälle, im Jahr davor 144. Mit 3110 Keuchhusten-Fällen hatte 2017 bis zuletzt den Höchststand in NRWin den vergangenen Jahren markiert.
Auch beim Keuchhusten wirbt das LZG NRW für die Impfung, zumal der Impfschutz „schnell nachlässt“ und deshalb auch Erwachsene die Impfung regelmäßig auffrischen lassen sollten, sagt die LZG-Sprecherin. Keuchhusten wird durch Bakterien per Tröpfcheninfektion beim Husten, Niesen oder Sprechen übertragen. Lesen Sie auch: Viele Fälle von Keuchhusten: „Könnte auf Epidemie hindeuten“
Impfung gegen Keuchhusten sollte man regelmäßig auffrischen
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt gegen Keuchhusten (Pertussis) eine Grundimmunisierung durch drei Impfungen im Alter von 2,4 und elf Monaten. Im Alter von 5 bis 6 Jahren und von neun bis 16 Jahren soll je eine Auffrischung erfolgen. Verwendet werden laut Stiko kombinierte Impfstoffe, die gleichzeitig etwa auch gegen Kinderlähmung, Hepatitis B und Wundstarrkrampf schützen. Bei Erwachsenen rät die Stiko zu regelmäßigen Auffrischungen, nennt aber keine konkreten Vorgaben zum Zeitraum.
„Bei Säuglingen kann Keuchhusten bis zum Atemstillstand führen““
„Keuchhusten betraf im Jahr 2024 hauptsächlich Kinder und Jugendliche, die höchsten Fallzahlen - 33 Prozent der Fälle - entfielen auf die Altersgruppen zwischen zehn und 19 Jahren“, sagt das LZG. Laut den vorliegenden Daten scheinen Erwachsene „in diesem Jahr weniger betroffen zu sein als in den Vorjahren“, sagt die Sprecherin. Die Gründe „müssen noch näher untersucht werden“, meint sie.
Symptome für Keuchhusten sind „Hustenanfälle, verbunden mit Keuchen; häufig muss man sich anschließend erbrechen“, beschreibt die Sprecherin. „Bei Jugendlichen und Erwachsenen und bei geimpften Kindern verläuft die Keuchhusten-Erkrankung aber oftmals lediglich als lang dauernder Husten ohne die oben genannten klassischen Symptome.“ Besonders gefährlich kann Keuchhusten bei Säuglingen sein, warnt die Sprecherin: „Keuchhusten kann zu einem untypischen Krankheitsverlauf führen bis zum Atemstillstand.“
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