Essen. Eine neue neurobiologische Studie enthüllt: Ist ein Gehirnbereich für die Prägung politischer Ansichten verantwortlich?
Die Herkunft politischer Ansichten steht schon seit längerer Zeit im Mittelpunkt der Debatten von Psychologen und Neurowissenschaftlern. Sind äußere Faktoren entscheidend oder gibt es eine neurobiologisch bedingte Prädisposition? Forscherinnen und Forscher in den Niederlanden haben Gehirnscans von rund 1000 Probanden ausgewertet und dabei interessante Indizien entdeckt.
Bereits 2011 hatte eine britische Studie offengelegt, dass es bei Wählern mit konservativen Ansichten entscheidende Veränderungen im Gehirn gibt. Diamantis Petropoulos Petalas vom Amerikanischen College in Athen hat bisher existierende Studien vertieft und die Anzahl der Testpersonen signifikant erhöht, um die Thesen zu bestätigen.
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Studie: Werden unsere politischen Ansichten durch unser Gehirn beeinflusst?
Die Frage, wodurch unsere politischen Ansichten geprägt werden, kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden. „Die politische Einstellung ist eine komplexe, multidimensionale Größe. Sie umfasst die Ansichten zu sozialen und wirtschaftlichen Fragen, aber auch die Identifikation mit progressiven oder konservativen Werten – es geht dabei nicht einfach nur um rechts oder links“ erklärt Diamantis Petropoulos Petalas die soziale Komponente.
Die Forscher wollten existierende Studien vertiefen, bei denen unter anderem festgestellt wurde, dass Wähler der konservativen Partei eine vergrößerte Amygdala und einen kleineren anterioren cingulären Cortex (ACC) besitzen. Dafür wurde die Anzahl der Testpersonen erhöht und die Studie in den Niederlanden durchgeführt, in der ein Mehrparteiensystem verschiedene politische Meinungen repräsentiert.
Mittels hochauflösender Magnetresonanz-Tomografie konnten die Scans von 928 Probanden aus unterschiedlichen sozialen Schichten miteinander verglichen werden. Sie wurden zusätzlich zu bestimmten sozialen und wirtschaftlichen Themen befragt, die sowohl progressive als auch konservative Ansichten beinhalteten.
Forscher erkennen Zusammenhang zwischen politischer Einstellung und Hirnanatomie
Die Forscher kamen, ähnlich wie die britische Studie von 2011, zu der Erkenntnis, dass ein Zusammenhang zwischen der politischen Einstellung und der Hirnanatomie gegeben ist. Testpersonen, die anhand ihrer Befragung und auch Selbstwahrnehmung vorwiegend konservative Ansichten vertraten, weisen eine leicht vergrößerte Amygdala auf.
„Das war wirklich eine Überraschung, denn wir hatten nicht erwartet, eines der Resultate der früheren Studien replizieren zu können. Aber wir finden eine sehr schöne Korrelation zwischen den politischen Ideologien der Partei, die diese Personen bevorzugen, und der Größe ihrer Amygdala.“
Vollständig lassen sich die älteren Erkenntnisse nicht reproduzieren. Der Größenunterschied der Amygdala zwischen eher progressiven und eher konservativen Testpersonen fällt deutlich kleiner aus als zuvor angenommen. Die zehn Kubikmillimeter entsprechen in etwa der Größe eines Sesamkorns.
Politische Denkweise: Unterschiede bei einem weiteren Hirnareal erkannt
Neben der Amygdala haben die Wissenschaftler eine weitere Hirnregion identifiziert, die sich bei konservativen Testpersonen vergrößert darstellt – der fusiforme Gyrus, der im Schläfenlappen zu finden ist. „Das Volumen im rechten Teil des fusiformen Gyrus zeigt eine positive Korrelation mit konservativen Haltungen in Bezug auf regulierende Eingriffe der Regierung sowie gegenüber Diversität und Gleichberechtigung“, heißt es in den Forschungsberichten von Petalas.
Demnach lässt sich festhalten, dass eine neurologische Komponente tatsächlich Einfluss auf unsere Denkweise und politische Ausrichtung nehmen kann. Die Ergebnisse wurden in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Cell“ veröffentlicht.
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