Berlin. Leitungswasser hat einen schlechteren Ruf als Mineralwasser. Doch meist ist es die bessere Wahl, erklärt eine Expertin. Mit zwei Ausnahmen.

Wer in den Supermarkt geht, findet dort eine große Auswahl verschiedener Sorten Mineralwasser: Sprudelwasser, stilles Wasser, Wasser in Glas- oder Plastikflaschen – von günstigem Discounter-Wasser bis zu teurem Edel-Wasser von den Fiji-Inseln. Aber ist es überhaupt notwendig, sein Trinkwasser im Supermarkt zu kaufen oder sollte es aus dem Hahn kommen? Was ist gesünder? Und was ist, wenn das Leitungswasser im eigenen Zuhause kalkhaltig ist oder wenn die Rohre alt sind? Antworten gibt Ina Bockholt, Expertin bei der Stiftung Warentest, die sich seit Jahren mit Trinkwasser beschäftigt.

„Leitungswasser ist ein wirklich sehr gut kontrolliertes Lebensmittel und die Qualität ist laut Umweltbundesamt gut bis sehr gut. Also man kann sich darauf verlassen, dass man Leitungswasser überall in Deutschland bedenkenlos trinken kann“, sagt Bockholt. Leitungswasser werde von Wasserwerken aus Grundwasser, Talsperren, Flüssen und Seen gewonnen und dann aufbereitet.

„Man kann Leitungswasser überall in Deutschland bedenkenlos trinken“

Was die Nährstoffe angehe, gebe es große regionale Unterschiede. Denn das Wasser wird überall in Deutschland unterschiedlich gewonnen. Deswegen schmecke Leitungswasser nicht nur überall anders, sondern weise auch unterschiedliche Mineraliengehälter auf. „Aber es kommt ja oft aus dem Grundwasser, hat also immer Mineralstoffe“, sagt Bockholt.

Im Gegensatz zu Leitungswasser kommt Mineralwasser nicht aus dem Grundwasser, sondern aus unterirdischen Quellen, von denen es sofort in Flaschen abgefüllt wird. Es gebe also Mineralwasser, das deutlich mehr Nährstoffe habe als Leitungswasser – aber eben auch welches, das weniger vorweisen könne. „Der Mineralstoffgehalt von Mineralwasser hängt immer von dem Boden rund um die Quelle ab, da kann man nicht eingreifen“, sagt Bockholt. Außerdem müssten Mineralwässer seit den Achtzigerjahren kein Mindestmaß an Mineralstoffen erfüllen.

Der Nährstoffgehalt von Mineralwasser ist sehr unterschiedlich

Unabhängig vom Mineralstoffgehalt der verschiedenen Wässer sei es aber ohnehin nicht unbedingt notwendig, ein nährstoffreiches Wasser zu trinken: Genügend Mineralien nehme man auch zu sich, wenn man sich ausgewogen ernähre. Man muss laut der Expertin zum Beispiel kein kalciumhaltiges Wasser kaufen, sondern kann auch einfach Käse essen.

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Was aber, wenn man in einer Region lebt, in der das Leitungswasser besonders kalkhaltig ist? Wenn der Wasserkocher oder der Duschkopf ständig verkalkt sind? Gesundheitlich gesehen sei das „komplett unbedenklich“, sagt Bockholt. „Manche Leute behaupten, dass das sogar gesund sei, weil man sozusagen Kalcium damit aufnimmt. So weit würde ich jetzt nicht gehen, aber gefährlich ist es auf keinen Fall“, sagt die Expertin.

Davon, das Leitungswasser mit einem Wasserfilter zu filtern, rät Bockholt ab: Die Stiftung Warentest habe Wasserfilter vor ein paar Jahren getestet und herausgefunden, dass sich darin Keimkolonien bilden können. „Man kann sich diese Wasserfilter sparen“, sagt Bockholt.

Kann Leitungswasser auch ungesund sein?

Die einzige potenzielle Gefahr bei Leitungswasser: „Früher gab es relativ viele Bleirohre, aus denen sich Blei ins Wasser absonderte“, sagt Bockholt. Die seien heutzutage kaum noch aufzufinden. Wenn man aber wirklich in einem sehr alten Haus wohne, könne es nicht schaden, die Leitungen austauschen oder zumindest kontrollieren zu lassen.

Außerdem empfiehlt die Expertin, nicht zu billige Armaturen zu kaufen – denn auch dort können sich „unerwünschte Substanzen“ lösen. Und es sei ratsam, sogenanntes Stagnationswasser, also Wasser, das sich über mehrere Tage in der Leitung abgesetzt hat, vor dem Trinken ablaufen lassen. „Es empfiehlt sich eigentlich immer, wenn man Leitungswasser trinkt, es am Anfang des Tages ablaufen zu lassen“, so Bockholt.

Warum Leitungswasser besonders gut für die Umwelt ist

Davon abgesehen, dass Leitungswasser kostenlos und gesundheitlich unbedenklich ist und man es nicht vom Supermarkt nach Hause transportieren muss, ist es auch aus ökologischer Sicht eine bessere Wahl als abgepacktes Mineralwasser. „Man braucht keine Gefäße, die CO2 produzieren, man braucht keine zusätzliche Logistik, wie es ins Haus kommt und man muss es nicht schleppen“, sagt Bockholt.

Wasser aus dem Hahn ist auch dann noch die umweltfreundlichste Art, an Trinkwasser zu kommen, wenn man es mit einem Wassersprudler aufsprudelt. Das habe das Umweltbundesamt bei verschiedenen Tests herausgefunden.