Berlin. Alle Menschen wollen gesund altern. Ein Trend aus den USA verspricht besondere Vorteile. Wie er funktioniert und was Experten sagen.
2 Millionen US-Dollar (rund 1,86 Millionen Euro) – so viel gibt der US-amerikanische Tech-Millionär Bryan Johnson nach eigenen Angaben jedes Jahr für sein sogenanntes „Project Blueprint“ aus. Sein Ziel: so lange zu leben wie möglich. Der 46-Jährige hält sich an strikte Diät-, Schlaf- und Trainingsspläne und unterzieht sich regelmäßig kostspieligen medizinischen Untersuchungen. In den sozialen Medien teilt Johnson seine vermeintlichen Fortschritte mit einem Millionenpublikum – und ist damit nicht allein.
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Longevity, zu Deutsch „Langlebigkeit“, hat sich zu einem profitablen Markt entwickelt, in den nicht nur immer mehr Influencer, sondern auch Ärzte und Unternehmen einsteigen. Ihren Ursprung hat die Bewegung in den USA, mittlerweile ist sie aber auch in Europa auf dem Vormarsch. Wir nehmen das Thema Langlebigkeit genauer unter die Lupe und verraten, was auf dem Weg zu einem langen und gesunden Leben wichtig ist.
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Longevity-Influencer: „Für mich ist das wie ein Hobby“
Ein Anhänger des Longevity-Trends im deutschsprachigen Raum ist der Influencer Luke Jaque-Rodney, dem auf Instagram und TikTok zusammen mehr als 370.000 Menschen folgen. Für ihn ist wichtig: Longevity bedeutet mehr als nur so alt zu werden wie möglich. „Viele Dinge in meinem Leben, die ich unglaublich gerne mache, erfordern ein gewisses Maß an Vitalität“, erzählt er. „Deshalb versuche ich meinen Körper auf täglicher Ebene so zu pflegen, dass ich diesen Dingen so oft und so lange wie möglich nachgehen kann“, so der Influencer weiter.
Einer der wichtigsten Faktoren für ein langes und gesundes Leben ist für Jaque-Rodney das Thema Ernährung. In seinem Alltag achtet der Influencer darauf, möglichst keine hochverarbeiteten, sondern vor allem naturbelassene Lebensmittel zu sich zu nehmen. Von der Verteufelung einzelner Lebensmittelgruppen hält er wenig: „Das Problem sind selten die Lebensmittel an sich, sondern ihre Qualität und die Menge, die wir zu uns nehmen – und natürlich die Art, wie sie verarbeitet wurden“, sagt er.
Für seine möglichst naturnahe Ernährung gibt der Influencer zusammen mit seiner Freundin jeden Monat zwischen 600 und 1000 Euro aus. „Für mich ist das wie ein Hobby“, erzählt er. „So wie andere Leute gerne reisen, bestelle ich mir zum Beispiel gerne wildgewachsene Avocados aus Spanien oder die besten Wildheidelbeeren, die ich kriegen kann – obwohl ich sie natürlich nicht wirklich brauche“, so Jaque-Rodney weiter.
Nahrungsergänzungsmittel, sogenannte Supplements, stehen allerdings nur noch selten auf der Einkaufsliste des Influencers. „Meine Philosophie ist eher, dass die Natur uns mit allem Nötigen versorgt hat, und ich glaube, dass wir viele der positiven Effekte, die von Supplements angepriesen werden, auch durch vollwertige Lebensmittel erhalten können.“ Nur einige wenige Supplements, wie zum Beispiel Algenöl, hält der Influencer für eine sinnvolle Ergänzung.
Gesund lange leben: Das sollten Sie beim Thema Bewegung beachten
Neben einer ausgewogenen Ernährung setzt Jaque-Rodney vor allem auf Bewegung und körperliches Training. Dabei sei es aber nicht nötig, jeden Tag mehrere Stunden im Fitnessstudio zu verbringen, meint der Influencer. „Jeder Mensch hat fünf konditionelle Grundfähigkeiten: Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Koordination“, erklärt er. „Und ich versuche, diese Fähigkeiten so gut wie möglich regelmäßig zu trainieren.“ Neben festen Schwimm- und Laufeinheiten achtet er zum Beispiel im Alltag darauf, möglichst viele Wege zu Fuß zurückzulegen.
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Was das Thema Schlaf betrifft, so ist laut Jaque-Rodney weniger eine feste Stundenzahl als vielmehr das Körpergefühl entscheidend. „Wenn du morgens aufwachst, dich gut fühlst und tagsüber nicht müde bist, dann hast du wahrscheinlich gut und ausreichend geschlafen – und dann ist es egal, ob es sechs, sieben oder acht Stunden waren“, erklärt er.
Wissenschaftlerin übers Altern: „Unsere Genetik gibt das Limit vor“
Doch inwieweit können wir durch unseren Lebensstil überhaupt beeinflussen, wie lange wir leben – und wie wichtig ist die Genetik? Laut Ursula Müller-Werdan, Direktorin der Medizinischen Klinik für Geriatrie und Altersmedizin an der Charité in Berlin, spielen bei der individuellen Lebenserwartung beide Faktoren eine entscheidende Rolle. „Die Genetik gibt sozusagen das Limit vor, also die maximal erreichbare Anzahl an Lebensjahren. Innerhalb dieses Limits ist dann der Lebensstil entscheidend“, erklärt die Expertin.
Übertreiben sollte man es mit der Optimierung des Lebensstils jedoch nicht, denn zu strikte Vorgaben im Alltag führen schnell zu übermäßigem Stress. Und der ist laut Müller-Werdan für ein langes und gesundes Leben in hohem Maße kontraproduktiv. „Wenn jemand dauerhaft stark gestresst ist, steigen zum Beispiel der Adrenalin- und der Cortisolspiegel im Blut, und der Mensch wird anfälliger für Infektionen“, sagt die Expertin.
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Auch Jaque-Rodney ist sich dessen bewusst und erklärt seinen Followern regelmäßig, wie wichtig auch die mentale Gesundheit für ein langes Leben ist. „Das ist sozusagen die Basis von allem“, sagt er. „Wenn du ständig gestresst bist, wenn du unglücklich bist, wenn du depressiv bist, dann wirst du wahrscheinlich auch nicht genug Sport treiben oder dich gesund ernähren, oder es wird dir nicht so gut tun, wie es eigentlich gut tun sollte“, so der Influencer weiter.
Jaque-Rodney über andere Influencer: „So etwas stört mich“
Auf die Frage, wie er sicherstellt, dass das, was er seinen Followern mit auf den Weg gibt, auch stimmt, zeigt sich Jaque-Rodney selbstbewusst: „Ich beschäftige mich seit etwa zehn Jahren mit dem Thema Langlebigkeit und Ernährung“, sagt er. „Und wenn ich eine neue Idee für ein Video habe, recherchiere ich das Thema vorab ausgiebig und schaue mir auch aktuelle wissenschaftliche Studien an.“
Besonders wichtig sei ihm, Themen in seinen Beiträgen möglichst ganzheitlich zu betrachten. „Viele Influencer machen zum Beispiel ein Lebensmittel komplett schlecht, obwohl man dazu auch zehn positive Dinge sagen könnte. So etwas stört mich“, sagt Jaque-Rodney.
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Doch wirft der Longevity-Trend angesichts der ohnehin stetig steigenden Lebenserwartung in westlichen Gesellschaften nicht auch ethische Fragen auf? Müller-Werdan ist überzeugt: Von einem gesunden Lebensstil können weltweit sehr viele Menschen profitieren. „Meine Hoffnung ist, dass wir viele Menschen mitnehmen können auf diesem Weg zu einem Anstieg der gesunden Lebenserwartung“, sagt sie. „Natürlich gibt es immer noch sehr große Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen armen und reichen Ländern. Aber man sieht auch, dass die Menschen in Entwicklungsländern im Mittel bereits immer älter werden“, so die Expertin.