Düsseldorf. Mindestabstand abgeschafft: In NRW müssen Windräder künftig keinen 1000-Meter-Abstand mehr zu Wohnhäusern haben. Das ist vielerorts umstritten.
Mit großer Mehrheit hat der Landtag am Freitag einen politischen Schlussstrich unter eines der umstrittensten Themen der letzten Jahre gezogen: Der pauschale 1000-Meter-Abstand zwischen Windrädern und Wohnbebauung gilt nicht mehr. „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist in NRW und in Deutschland eine Frage der Energiesouveränität. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass ausreichend Strom vorhanden ist, und das gelingt CO2-frei nur mit dem Ausbau der Erneuerbaren“, begründete NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) die Entscheidung.
Windrad-Mindestabstand gekippt: 148 Befürworter in NRW
CDU, Grüne und SPD stimmten für den schwarz-grünen Gesetzentwurf. Insgesamt befürworteten 148 von 170 Abgeordneten die Abschaffung der Abstandsregel, FDP und AfD votierten dagegen. Die Erlaubnis, Windkraftanlagen künftig unter strengen Bedingungen näher an Wohnhäusern zu errichten, soll den Ausbau der Windkraft in NRW beschleunigen. Bei der Erneuerung älterer Anlagen wurde die Regel bereits gekippt. Laut schwarz-grünem Koalitionsvertrag sollen bis 2027 in NRW mindestens 1000 zusätzliche Windkraftanlagen errichtet werden. in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden laut Landesregierung 178 Windräder genehmigt. Die FDP warf der CDU „Wortbruch“ vor. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe noch kurz vor der Landtagswahl 2022 gesagt, Abstandsregeln würden die Menschen schützen und Rechtssicherheit schaffen, kritisierte der liberale Abgeordnete Dietmar Brockes. Ministerin Scharrenbach erinnerte daran, dass sich CDU und Grüne im Koalitionsvertrag darauf geeinigt hätten, die Erneuerbaren Energien auszubauen, und zwar auf dem Land und in Städten. „Jeder Raum wird seinen Anteil daran haben, dass wir energiesouveräner werden“, sagte sie.
Abschaffung besonders in ländlichen Regionen umstritten
Künftig wird der Ausbau der Windkraft in NRW durch regionale Flächenvorgaben gesteuert. Bis zum Jahr 2032 muss NRW 1,8 Prozent der Landesfläche (61 400 Hektar) für Windenergie ausweisen, derzeit sind es 1,3 Prozent. Das Land will dieses Ziel bereits bis 2025 erfüllen. Der Landesentwicklungsplan mit Flächenvorgaben für den Windkraftausbau für sechs Regionen soll im Frühjahr 2024 in Kraft treten. Schwerpunkte für den Ausbau liegen in ländlichen Regionen, zum Beispiel Südwestfalen.
Das Ende der Abstandsregel ist vielerorts umstritten. So sagen der Westfälische und der Sauerländer Heimatbund, der ländliche Raum dürfe mit dem Ausbau von Windenergie nicht „überfordert“ werden. Die „Lasten der Energiewende“ müssten gerechter verteilt werden. Die Verbände warnen auch vor Lärm und Schlagschatten, vor sinkenden Immobilienpreisen in der Nähe der Anlagen und Belastungen für Wälder, in denen Windräder entstehen. Der Westfälische Heimatbund glaubt, dass Windräder in der Bevölkerung mehr Akzeptanz fänden, wenn man den pauschalen 1000-Meter-Abstand beibehalten würde. (mk/mkx/dpa)