Düsseldorf. Zwei Arbeiten pro Fach und Halbjahr reichen in der Mittelstufe, meint die Gewerkschaft GEW und geht damit weiter als die Ministerin.
Zum Start ins neue Schuljahr fordert die größte Bildungsgewerkschaft in NRW, die Zahl der Klassenarbeiten in der Mittelstufe noch weiter abzusenken als von der Landesregierung vorgesehen. „NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hätte mutiger sein und zwei Klassenarbeiten pro Jahr kürzen können“, sagte Ayla Celik, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Montag im Landtag.
Ziel: Entlastung der Lehrkräfte beim Korrigieren von Arbeiten
Ministerin Feller hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass in den Klassen 7 und 8 künftig nur fünf statt sechs Klassenarbeiten pro Schuljahr geschrieben werden könnten. „Das bedeutet eine weitere Entlastung für Lehrkräfte“, sagte sie. Der Vorstoß gilt für die Fächer Mathe, Deutsch und Englisch.
Ayla Celik geht das nicht weit genug. Nicht nur in den Klassen 7 und 8, sondern von Klasse 5 bis Klasse 10 seien Abstriche bei der Zahl der Klassenarbeiten wünschenswert, und zwar in allen Fächern, in denen diese Arbeiten geschrieben werden. Die Konsequenz: Grundsätzlich nur noch zwei Arbeiten pro Fach und Halbjahr statt drei.
GEW-Landeschefin: Faire Bewertung auch ohne Klassenarbeiten möglich
„Ich habe mehr als 20 Jahre lang als Lehrerin gearbeitet, und ich habe Deutsch unterrichtet. Ich kann Ihnen sagen: Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind Experten. Wenn sie Schülerinnen und Schüler in der Klasse 5 übernehmen und durchs Schulleben bis zur 10. oder 13. Klasse begleiten, dann kennen sie diese Kinder und Jugendlichen und brauchen keine Klassenarbeiten, um zu sagen, welchen Bedarf ein Kind hat“, erklärte Celik.
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Jedes Kind lerne unterschiedlich, und diesen individuellen Unterschieden würden die Klassenarbeiten in dem heutigen Leistungssystem Schule nicht gerecht. „Auch wenn wir die Zahl der Klassenarbeiten pro Halbjahr auf zwei reduzieren, kann jede Lehrkraft das Kind fair bewerten“, meinte Celik.
Philologenverband reagiert mit Skepsis
Der Philologenverband in NRW bezeichnet zwar den Vorschlag der Landesregierung, die Zahl der Klassenarbeiten in der Mittelstufe um eine zu verringern, als Schritt in die richtige Richtung, weil dadurch Lehrkräfte bei den Korrekturen entlastet würden. „Die Anzahl der Klausuren darüber hinaus noch weiter zu reduzieren, ist für uns aber der falsche Weg“, warnte die Landeschefin des Philologenverbandes, Sabine Mistler, auf Nachfrage.
Weniger Klassenarbeiten = mehr Probleme mit den Noten?
Darunter würden nicht nur die Qualitätsstandards „deutlich leiden“, insbesondere an den Gymnasien, sondern auch die Lernzielkontrolle. „Weniger Klassenarbeiten könnten unter Umständen sogar den Druck auf Schülerinnen und Schüler erhöhen, weil die schriftlichen Leistungen dann zwangsläufig mehr Gewicht für die Notenfindung erhielten“, so Mistler. Stattdessen könnten Klassenarbeiten zeitlich und inhaltlich gestrafft werden.
Alle Pädagogenverbände in NRW forderten zum Start ins Schul- und Kindergartenjahr eine qualitativ hochwertigere und personell besser ausgestattete Betreuung, Bildung und Erziehung in Kitas und Schulen.