Düsseldorf. Alle Behördengänge einfach online erledigen? Funktioniert nicht. Wieso die Digitalisierung von Verwaltungen kaum vorankommt.

Online ummelden, Führerschein oder Rente beantragen: All das soll über digitale Verwaltungsportale funktionieren. Tut es aber kaum. Die Hintergründe.

Etwa 800.000 Menschen in NRW haben sich als Nutzer beim landeseigenen „Servicekonto NRW“ angemeldet, um Behördengänge bequem digital erledigen zu können. Aber nun schließt sich NRW dem Nutzerkonto des Bundes, „BundID“, an und führt sein eigenes Konto nur noch vorübergehend weiter. Ein Ärgernis: Die Nutzer werden aus Datenschutzgründen nicht automatisch zum Bundes-Konto überführt, sondern müssen sich neu anmelden.

Die WAZ hat den Wechsel vom Landes- auf das Bundes-Konto zum Anlass genommen, um das komplizierte Nebeneinander der verschiedenen Online-Verwaltungsportale zu beleuchten und Experten zu befragen. Viele Fachleute sind sich darin einig, dass die digitalen Angebote in NRW und in Deutschland weit hinter den Ansprüchen eines modernen Landes zurückbleiben. Und das, obwohl der Bund die Digitalisierung der Verwaltung mit einem neuen „Onlinezugangsgesetz“ beschleunigen möchte.

Onlinezugangsgesetz: Nur 122 von 575 Dienstleistungen digital verfügbar

„Insgesamt ist der Stand des Onlinezugangsgesetzes verheerend“, sagte Klaus-Heiner Röhl, Experte des Institutes der deutschen Wirtschaft (IW) für Mittelstands- und Regionalpolitik, dieser Redaktion. „Eigentlich sollte das Online-Angebot des Bundes bis Ende 2022 insgesamt 575 Leistungen umfassen. Davon sind wir meilenweit entfernt. Man muss den Eindruck haben, dass der Gesetzgeber hier vor sich hin wurschtelt.“

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Bundesweit waren im März 2023 laut einer IW-Studie von den versprochenen 575 erst 122 digitale Leistungen flächendeckend verfügbar, NRW-weit 144. Viele Nutzerinnen und Nutzer sind mit der digitalen Verwaltung überfordert oder kennen die Angebote gar nicht.

Online-Verwaltungsportale in NRW: Große Unterschiede in einzelnen Städten

Und zwischen den Online-Angeboten der Städte gibt es große Unterschiede. So können Nutzer in Dortmund über das städtische Portal einen Hund anmelden. In Gelsenkirchen werden Hundebesitzer auf das landeseigene „Servicekonto NRW“ verwiesen, in dem sie sich separat registrieren müssen.

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„Selbst bei einer so wichtigen Leistung wie der Beantragung eines Personalausweises ist das Verfahren oft kompliziert. Aus Sicherheitsgründen müssen die Antragsteller persönlich zur Behörde, um den Ausweis zu beantragen und abzuholen. Dieses Problem ließe sich mit einer sicheren Online-ID lösen. In Estland, Schweden und Dänemark funktioniert das gut“, erklärte IW-Experte Klaus-Heiner Röhl.

Digitalisierung von Verwaltungen: Deutschland hinkt hinterher im Ländervergleich

Präsident des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft, Dirk Freytag, kritisierte: „Die Digitalisierung der Behörden muss endlich bürgerfreundlicher werden.“

Marc Danneberg vom Digitalverband Bitkom sieht Deutschland bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich nur im „schlechten Mittelfeld“. Das liege vor allem daran, „dass man hier derzeit nur einen Bruchteil aller Verwaltungsleistungen tatsächlich digital beantragen kann.“