Duisburg. Ein Chefarzt aus Duisburg begrüßt den Wegfall der Fallpauschalen. Warum Ärzte Teile der Krankenhausreform trotzdem für „eine Katastrophe“ halten.

Vor wenigen Wochen noch hat Prof. Daniel Vallböhmer, Chefarzt für Viszeralchirurgie am Evangelischen Klinikum Niederrhein in Duisburg und Dinslaken, demonstriert: Zum bundesweiten Aktionstag „Krankenhäuser in Not“ ging er gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten und dem Pflegepersonal nachts auf die Straße. Sie trugen Masken und sprühten rote Hände auf den Asphalt. Ihre Botschaft: „Wir arbeiten uns die Hände blutig, und die Politik sieht uns nicht.“ Die Krankenhausreform lässt das Kollegium nun einmal durchpusten – und doch wieder nicht.

Am Dienstagmorgen schickte Vallböhmer das frischgedruckte Eckpunktepapier der Krankenhausreform an alle Ärztinnen und Ärzte im Haus. Die Stimmung nennt er „angespannt“. Er sagt: „Die Grundidee ist sehr gut und richtig. Das System der Fallpauschalen hat ausgedient.“ Aber: „Die Durchführung ist eine Katastrophe.“

Ärzte-Präsident in Sorge: Probleme, weil das Geld fehlt

Prof. Dr. Daniel Vallböhmer fürchtet, dass kleinere Kliniken aufgeben müssten.
Prof. Dr. Daniel Vallböhmer fürchtet, dass kleinere Kliniken aufgeben müssten. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Das Hauptproblem sei die Finanzierung: „Wann fließt das erste Geld?“ Viele Krankenhäuser seien schon jetzt nicht mehr liquide, Inflation, Kriegsfolgen, Postpandemie-Phase, Tariferhöhungen drückten. Noch prekärer werde die Situation durch den „Drang der Politik“, immer mehr Leistungen ambulant zu machen, was Liegezeiten verkürze. „Die Krankenhäuser können nicht mehr.“ Mit Sorge blickt der Duisburger Chirurg und Ärztliche Direktor im Evangelischen Klinikum Niederrhein ganz in die Nähe, nach Solingen: Dort ging ein katholischer Krankenhausverbund vor wenigen Wochen in die Insolvenz. Wenn man wolle, dass Kliniken schließen müssten, weil es zu viele gebe, sagt Vallböhmer, „dann sollte man das geordnet machen, sonst ist es der falsche Weg“.

Auch der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Johannes Albert Gehle, kritisierte im Gespräch mit unserer Redaktion, dass es vom Bund keine Finanzierungszusagen gebe: „Ich befürchte, dass die Finanzierung weiter aufgeschoben wird, sodass einige Kliniken in NRW weiter Probleme kriegen werden, weil das Geld fehlt.“ Eine Welle von Klinikschließungen befürchtet Gehle in NRW allerdings nicht.

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>>INFO: DIE KRANKENHAUSREFORM

Ein halbes Jahr lang haben Bund und Länder um die Krankenhausreform gerungen. Nun gelang ihnen ein Kompromiss, der sicherstellt, dass die Krankenhausplanung Ländersache bleibt. Wichtigster Teil der Reform ist die Abkehr von den Fallpauschalen. Bisher nehmen die Kliniken dann viel Geld ein, wenn sie möglichst viele Patientinnen und Patienten behandeln.

Dieses System wird zum Teil von einer Vorhaltevergütung abgelöst: Kliniken können mit diesen garantierten Einnahmen 60 Prozent ihrer Kosten ausgleichen, egal, ob viele Betten belegt sind, oder nicht. Die Fallpauschalen werden aber nicht komplett abgeschafft.

Zweite Säule ist die Qualitätsverbesserung: Die Kliniken werden bestimmten „Leistungsgruppen“ zugeordnet, zum Beispiel „Kardiologie“ oder „Neurologie“, wenn sie in diesen Bereichen wirklich gut sind. NRW, das diesen Weg bereits eingeschlagen hat, dient hier als Vorbild für die deutschlandweite Reform.