Berlin/Wilstedt. Ein Fall aus Niedersachsen zeigt: Die Politik wird eine Lösung für Arbeitskräftemangel nur finden, wenn sie Dogmen der Asylpolitik aufgibt.
Migration ist auch Psychologie. 2016 hocken Geflüchtete aus Syrien und Irak im Schlamm von Idomeni, an der griechisch-mazedonischen Grenze. Sie rufen „Merkel! Merkel!“ oder „Mama Merkel!“. Ihr Ziel: Deutschland. Die Menschen wissen nicht viel über das Leben der Deutschen. Aber sie haben auf Facebook oder Instagram von Merkel und einer „Willkommenskultur“ gelesen. Ihr Filter ist auf Deutschland gepolt.
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Einen psychologischen Effekt kann es auch haben, wenn Deutschland nun zehn Menschen aus Kolumbien nicht in ihre Heimat abschiebt – obwohl das Bundesamt ihr Schutzgesuch nicht anerkennt. Obwohl sie freiwillig nicht ausreisen. Eine bürokratische Gnade könnte sich schnell in Lateinamerika herumsprechen, Menschen zur Migration nach Deutschland motivieren. Geflüchtete, die dann wohl wiederum kein Asyl hierzulande bekämen.
Dabei werden die Menschen aus Kolumbien dringend gebraucht. In einem Pflegeheim in Wilstedt kümmern sie sich um demenzerkrankte Ältere. Es ist nur ein Fall von vielen, in denen Migranten unseren Sozialstaat nicht auf der Tasche sitzen – sondern ihn am Leben halten.
Der Fall zeigt ein deutsches Dilemma: Wir brauchen Arbeitskräfte aus dem Ausland, wir haben akuten Fachkräftemangel. Zugleich aber wollen wir Migration steuern, sollen abgelehnte Asylsuchende schnell und „im großen Stil“ (Kanzler) raus und weg.
In diesem Dilemma sucht Deutschland mühsam einen Mittelweg. Die Politik aber muss aufpassen, dass aus Mitte nicht Murks wird, eine Migrationspolitik, die den Zeitgeist verschläft. Wir brauchen Zuwanderung. Und dabei können wir uns auf dem Weltmarkt eben nicht nur Menschen rauspicken wie Rosinen. Es wird immer Fälle geben, auch einige Tausend, bei denen Deutschland sich ärgert, Geld zahlt. Im schlimmsten Fall begehen Migranten schwere Straftaten.
Doch diese Risiken dürfen Deutschland nicht zu einer Asylpolitik verleiten, die auf Härte, Zurückweisungen an der Grenze und AfD-Rechtsaußen-Rhetorik setzt. Denn auch das spricht sich rum. Auch das hat Effekte. Und Menschen, die wir dringend brauchen, gehen lieber in ein anderes Land zum Arbeiten.
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