Berlin. Der Bundeskanzler findet sich cool, Markus Söder findet ihn uncool. Jetzt wollen wir mal klarstellen, worum es hier wirklich geht.
Im Deutschen Bundestag wurden schon viele wichtige Fragen aufgeworfen. Wie bekämpft man am besten den Klimawandel? Welches Maß an Steuern ist angemessen? Wie begegnet man der russischen Aggression? Die jüngste Debatte nach der Regierungserklärung des Kanzlers warf eine völlig neue Frage auf, die im ersten Moment seltsam anmutet, aber durchaus eine Antwort verdient. Sie lautet: Was macht eigentlich einen coolen Politiker oder eine coole Politikerin aus?
Der Kanzler hatte den Begriff selbst in die Debatte gebracht. Als es bei Caren Miosga in der ARD um Friedrich Merz ging, erklärte Scholz: „Ich finde mich etwas cooler, wenn es um Staatsangelegenheiten geht“ – und grinste schlumpfig, wie Markus Söder sagen würde. Der bayerische Ministerpräsident wiederum nahm den Ball in der Bundestagsdebatte auf und gab im hohen Hause zu Protokoll: „Ich kenne keinen, der uncooler in Deutschland ist als Sie, lieber Herr Scholz.“
Was Politiker subjektiv cool finden: Reichensteuer, Mindestlohn & Co.
Was cool ist, ist natürlich immer subjektiv, besonders in der Politik. Bei der Linkspartei findet man die Reichensteuer cool. Die Sozialdemokraten finden schnell steigende Mindestlöhne cool. Die Union wiederum Wirtschaftswachstum und die FDP findet alles über fünf Prozent cool.
Aber was macht den Menschen in der Politik eigentlich cool? Ganz sicher nicht die epischen Beschimpfungen des politischen Gegners, daher fanden viele Wählerinnen und Wähler die vergangenen Tage eher uncool. Cool sind die Macher, denen etwas gelingt. Die Verbesserungen nicht nur versprechen, sondern auch erfolgreich umsetzen. Die etwas Gutes hinkriegen oder schlimme Entwicklungen verhindern können.
Demnach war Konrad Adenauer cool, weil er nach dem Krieg als alter Mann die Deutschen in die Zivilisation zurückführte. Ludwig Erhard war cool, weil seine Zigarre nie ausging und er den Wohlstand brachte. Willy Brandt war cool, weil er auch noch angetrunken klug formulierte und die Aussöhnung mit dem Osten anging. Und Helmut Kohl war natürlich cool, weil ihm die Coolness seiner Gegner egal war und er in der Strickjacke die Deutschen wiedervereinigte.
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Olaf Scholz uncool? Zur Wahrheit gehört eines dazu
Gerhard Schröder, der heute sehr uncool an Wladimir Putin festhält, war cool, weil er mit der Agenda 2010 die Wirtschaft flottmachte und einen Jobturbo zündete. Und nach ihm bestellte niemand cooler ein Bier. Angela Merkel war definitiv cool, weil sie als erste Frau das Kanzleramt eroberte, den Euro rettete und eine praktische Frauenuniform erfand.
Und jetzt zum aktuellen Streit: Was ist cool oder uncool an Olaf Scholz? Stilkritikern fällt sofort seine Augenklappe ein, die Scholz etwas Verwegenes verlieh, nachdem er sich beim Joggen verletzt hatte. Politisch cool war der Wahlsieg gegen Armin Laschet, den ihm niemand zugetraut hatte. Allerdings profitierte Scholz davon, dass es Laschet an Coolness fehlte, das gehört zur Wahrheit dazu.
Einige finden den Mut cool, eine Regierung ins Amt zu führen, die nie zusammenpasste. Das Ergebnis war leider mega-uncool. Wir sehen: Der Begriff Coolness passt nicht mehr so richtig in die aktuelle Politik, und das ist nicht schlimm. Das Kanzleramt ist nicht das Sommerhaus der Stars und der Bundestag nicht die Showbühne.
Deutschland braucht keine coolen Politiker, lieber Herr Scholz, lieber Herr Söder. Wir sind alle zufrieden mit Politikerinnen und Politikern, die unser Leben verbessern, den Frieden bewahren und die Umwelt retten. Wenn ihnen das gelingt, dürfen sie auch völlig uncool sein.