San Francisco. Kalifornien machte es vor, andere demokratische Bundesstaaten folgen: Wie sie eine politische „Brandmauer“ gegen Donald Trump ziehen.

Donald Trump 2.0 provoziert eine Gegenbewegung, zuallererst unter demokratisch regierten Bundesstaaten. In Illinois, Massachusetts und New York wollen die Gouverneure ihre liberale Rechtspraxis beim Abtreibungsrecht, Umweltschutz, Waffenkontrolle und Einwanderung verteidigen. New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul sagte, ihr Staat werde keine Agenda aus Washington akzeptieren, die den Bürgern die Rechte nehme, „die sie seit langem genießen.“

Andere warten ab, setzen auf Kooperation und geben sich kompromissbereit, etwa Michigan, Pennsylvania und Minnesota, wo der Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten regiert, Tim Walz. Besonders vorsichtig agiert Maryland – die Bundesregierung ist der größte Arbeitgeber des Staates, der an Washington D.C. grenzt. Diese Gruppe will Trump noch die Chance geben, einer Herausforderung des Amtes gerecht zu werden: Die Amerikaner zusammenzuführen.

Trump hat eine Mehrheit im Senat und möglicherweise auch im Repräsentantenhaus; die Auszählung hält an. Darüber hinaus sitzen im obersten Gericht überwiegend Richter, die zum republikanischen Lager gezählt werden. Eine Gegenmacht kann unter diesen Rahmenbedingungen und in einem föderalen Staat am ehesten in den Bundesstaaten entstehen.

Führt Kalifornien die Gegenbewegung an?

Als Speerspitze versteht sich Kalifornien. Dafür sprechen mindestens fünf Gründe:

  • Größter und ökonomisch stärkster Bundesstaat.
  • Eine Bastion der Demokraten.
  • Dem Gouverneur werden Ambitionen in der nationalen Politik nachgesagt.
  • Der Staat im Westen hat schon einmal Trumps Rache zu spüren bekommen.
  • Er hat aufgrund der häufigen Waldbrände viel zu verlieren an Bundeshilfen.

Kalifornien ist ein gebranntes Land, nach den Erfahrungen in Trumps erster Amtszeit. „Wir wissen, wie wir darauf reagieren müssen“, sagt Gouverneur Gavim Newsom kämpferisch. Nach der verheerenden Niederlage ist Kalifornien die letzte Bastion der Demokraten. Hier hat Kamala Harris 58,1 Prozent der Stimmen geholt, Trump 39,2 Prozent. Der Vorsprung lag bei mehr als zwei Millionen Stimmen.

Schon am 2. Dezember will er sich beim Parlament in Sacramento eine Ermächtigung holen, um gegen die Zentralregierung vorzugehen oder sich gegen Angriffe zu wehren: Er will Finanzmittel, um juristisch schweres Geschütz gegen die Zentralregierung aufzufahren.

In einem Truth Social-Post reagierte Trump: Newsom „versuche, das schöne Kalifornien unserer Nation zu zerstören“. Genauer gesagt, nannte er ihn „New-scum“, was übersetzt heißt: Neuer Abschaum, Abwurf oder Sperma. Trump macht da weiter, wo er aufgehört hat.

Kalifornien ist die Bastion der Demokraten

In Kalifornien nimmt man Trump beim Wort. Im Wahlkampf hat er zweimal Drohungen ausgesprochen, bei einer Kundgebung im Coachella-Stadion und bei einem Auftritt auf seinem Golfplatz in Rancho Palos Verdes. Trump weiß, wie er den Bundesstaat treffen kann: Mit der Streichung von Katastrophenhilfe. Immer wieder wüten Waldbrände, aktuell unweit der Metropole Los Angeles, und dann ist man auf Hilfe angewiesen.

US-Präsident hat einen großen Ermessensspielraum

Es geht um Aufbauhilfen, um die Kosten von Such- und Rettungsteams, Trümmerbeseitigung und Infrastrukturreparaturen. Gewöhnlich ruft der betroffene Bundesstaat bei einem Sturm, einer Überschwemmung, Brand oder Terroranschlag eine Katastrophe größeren Ausmaßes aus und bittet um Hilfe. Die zuständige Bundesbehörde prüft und gibt eine Empfehlung an den Präsidenten ab.

Meistens folgen sie ihr, aber dazu verpflichtet sind sie nicht. Ihr Ermessensspielraum ist groß. Trump agiert bevorzugt mit einem Mittel: Druck. Seine Drohungen muss man ernst nehmen. Davon ist Mark Harvey überzeugt. Harvey sollte es wissen. Unter Trump war er leitender Direktor für Resilienzpolitik im Stab des Nationalen Sicherheitsrats.

Eklatant parteiisch bei Nothilfe

Unlängst erzählte er gegenüber Journalisten, dass sich Trump nach den tödlichen Waldbränden im Jahr 2018 zunächst geweigert habe, Katastrophenhilfe für Kalifornien zu genehmigen, weil der Bundesstaat zu den Demokraten gehöre. Daraufhin machte sich Harvey die Mühe und ging alle Wahlergebnisse durch. Erst nachdem er nachgewiesen hatte, dass allein im schwer geschädigten Orange County mehr Trump-Anhänger lebten als im gesamten Bundesstaat Iowa, lenkte der Präsident ein.

Genau diese Art der Spezialbehandlung erwartet Gouverneur Newsom jetzt wieder. Und nicht nur er. Brian Rice, Präsident der kalifornischen Berufsfeuerwehr, sagt, „wir haben festgestellt, dass dieses Verhalten mehr als nur eine Bedrohung ist“. Anders als ihr Bundesverband, der strikt auf Neutralität achtete, haben die Feuerwehrleute in Kalifornien Harris im Wahlkampf unterstützt, die selber aus dem Bundesstaat kommt.

Freiheiten vor Trump schützen

Trump führt die verheerenden Waldbrände auf die begrenzten Wasserressourcen zurück. Newsom solle Bauern und Hausbesitzern bloß genug Wasser bereitstellen. „Wir werden sagen: Gavin, wenn Sie es nicht tun, geben wir Ihnen nichts von dem Feuergeld, das wir Ihnen ständig für all die Feuer und Waldbrände schicken.“

Newsom will nun alles Notwendige tun, um sicherzustellen, dass die Kalifornier die Unterstützung und Ressourcen erhalten. Man werde auch nicht tatenlos zusehen, wie Freiheiten angegriffen werden, „die uns in Kalifornien am Herzen liegen.“ Das geht weit über Trumps Feuergeld hinaus: In Kalifornien gelten eine liberale Abtreibungs- und Migrationspolitik sowie strenge Abgasrichtlinien für Fahrzeuge zum Klimaschutz.