Berlin. Die Ampel ist gescheitert, es wird zu Neuwahlen kommen. Auf dem Weg dorthin stellt Kanzler Scholz die Vertrauensfrage. Doch was ist das?
Tagelang hat es sich angebahnt, jetzt ist das Ende der Ampel-Koalition sicher: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Doch wie geht es jetzt weiter? Welche Schritte müssten eingeleitet werden, um Neuwahlen zu ermöglichen? Noch am Abend kündigte Scholz an, er wolle in der ersten Januarwoche die Vertrauensfrage stellen. Wir erklären, was das bedeutet.
Scholz will Vertrauensfrage stellen: Das steckt dahinter
Die Vertrauensfrage ist ein Mittel des Bundeskanzlers, um zu prüfen, ob die Mehrheit des Bundestages die Regierung noch unterstützt. Sie soll sicherstellen, dass der Kanzler die Regierungsgeschäfte nicht gegen eine Mehrheit im Parlament führt. Die Vertrauensfrage kann auch mit einer Sachfrage verbunden werden – beispielsweise die Entscheidung über einen Gesetzesentwurf. Erhält die Regierung keine Mehrheit, kann der Bundespräsident den Bundestag auf Antrag des Kanzlers innerhalb von 21 Tagen auflösen und so Neuwahlen herbeiführen, was er in der Regel auch tut. In der Geschichte der Bundesrepublik wurde die Vertrauensfrage fünfmal gestellt – zuletzt 2005 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).
Die Vertrauensfrage kann somit auch ein Instrument sein, um Neuwahlen zu provozieren. Sollte das das Ziel sein, kann die Kanzlerpartei ihren eigenen Mitgliedern raten, sich bei der Abstimmung zu enthalten. Diesen Weg beschritten zum Beispiel 1972 Willy Brandt (SPD) und 1982 Helmut Kohl (CDU), die sich von Neuwahlen bessere Wahlergebnisse und damit eine klarere Mehrheit im Parlament erhofften.
- Top informiert: Ampel zerbrochen – Aktuelle News und Infos im Blog
- Kanzler bei Miosga: Scholz erinnert daran, wie Lindner ihn im Urlaub ärgerte
- Habeck, Scholz, Merz: Die Kandidaten-Inflation: Immer mehr Anwärter aufs Kanzleramt
- Ampel-Aus: Minderheitsregierung, Vertrauensfrage, Neuwahl – So geht es jetzt weiter
- Sonntagsfrage: Aktuelle Umfragen – und welche Koalitionen möglich wären
Der Weg zu Neuwahlen: So geht es jetzt weiter
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz wird die Vertrauensfrage stellen – aber erst im Januar. Zuvor will er noch die geplanten Gesetzesentwürfe zur kalten Progression, zum Rentenpaket II sowie zur Umsetzung der Regeln des gemeinsamen Asylsystems im Bundestag zur Abstimmung stellen.
Dass eine Mehrheit im Bundestag Scholz ihr Vertrauen ausspricht, scheint unwahrscheinlich – schließlich haben die SPD und die Grünen als verbliebene Koalitionspartner keine Mehrheit. Es dürfte also zu Neuwahlen kommen.
Sollte der Bundespräsident den Bundestag auflösen, müssen die Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen abgehalten werden. In der Praxis kann das Bundesministerium des Innern (BMI) im Rahmen des Bundeswahlgesetzes die Fristen für die Wahlvorbereitungen verkürzen, um den Prozess zu beschleunigen. Für die Bürgerinnen und Bürger unterscheidet sich der Ablauf einer vorgezogenen Wahl nicht von dem einer regulären Bundestagswahl. Bis zu einem Wahltermin regiert Olaf Scholz mit einer Minderheitsregierung.