Düsseldorf. Die Ampel will der „Spur des Geldes“ folgen und „große Fische“ jagen. Der NRW-Finanzminister bezweifelt, dass das ernst gemeint ist.

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) wirft der Bundesregierung „Lethargie“ im Kampf gegen die Finanzkriminalität vor. Es geht um das Bundesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität, dessen Gründung schon vor einem Jahr angekündigt wurde, das aber bis heute nicht in Sicht ist. „In der Ampel scheint das Gezerre um parteipolitische Machtgewinne ein Jahr vor der Bundestagswahl so kraftvoll zu sein, dass keine Kraft mehr für die wirkungsvolle Bekämpfung des Millliardenbetrugs an unserer Gemeinschaft übrig ist“, sagte Optendrenk dieser Redaktion.

„Der Rechtsstaat darf vor der Tücke der Täter nicht kapitulieren“

58. Sitzung des Landtags NRW.
„Wir müssen das Geld der Ehrlichen schützen“: NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU). © picture alliance / SvenSimon | Malte Ossowski/SVEN SIMON

Während die deutsche Wirtschaft schwächele, boome das Geschäft der Finanzkriminellen. „Verbrechernetzwerke schleusen horrende Summen am Fiskus vorbei oder greifen sie direkt aus dem Steuergeld der ehrlichen Menschen und Unternehmen ab“, so Optendrenk. Ausgerechnet in einer Blütezeit der Finanzkriminalität komme das geplante Bundesamt nicht in die Gänge. „Der Rechtsstaat darf vor der Tücke der Täter nicht kapitulieren“, warnt der Landesminister. NRW hat Anfang 2024 ein eigenes Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) gegründet mit dem Ziel, „das Geld der Ehrlichen zu schützen“. Diese Behörde könne hervorragend mit dem Bundesamt zusammenarbeiten, wenn es denn je an den Start gehen sollte, meint Optendrenk. Der Bund gebe NRW aber nicht einmal Informationen über den Stand des Verfahrens.

Die Pläne des Bundes gegen Finanzkriminalität

Das Bundesfinanzministerium beschreibt die Pläne für das Bundesamt so: „Mit dem Entwurf des Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetzes bringen wir grundlegende Reformen auf den Weg: Im Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) bündeln wir die wichtigsten Kompetenzen unter einem Dach, verfolgen bei Ermittlungen konsequent die Spur des Geldes, stellen eine dauerhafte Priorisierung bei der Geldwäschebekämpfung sicher und setzen dabei modernste digitale Technologien ein. 2024 soll der Aufbau der neuen Behörde erfolgen, 2025 die Aufnahme der operativen Arbeit.“

Die Ampel hat im Herbst 2023 versprochen, mit einem Bundesamt konsequent „der Spur des Geldes“ folgen zu wollen. Ein Schwerpunkt soll auf der Geldwäschebekämpfung liegen. Der Start war eigentlich für April angedacht, aber das klappte nicht. Ankündigungen, nach der parlamentarischen Sommerpause Nägel mit Köpfen zu machen, folgten bisher keine Taten.

Bundesfinanzministerium: Nun ist der Bundestag am Zug

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bestätigte, dass das für die Amtsgründung erforderliche Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz noch ohne Abstimmung im Bundestag liege. Es liege nun „in den Händen des Parlamentes“, wann das Gesetz im Plenum behandelt werde. Das Bundesfinanzministerium von Christian Lindner (FDP) könne das Bundesamt nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zügig aufbauen.

Verein Finanzwende: „Deuschland bleibt ein sicherer Hafen für schmutziges Geld“

Der Verein Finanzwende, der sich als „Gegengewicht zur Finanzlobby“ versteht und von der bekannten früheren Cum-Ex-Ermittlerin Anne Brorhilker geleitet wird, teilt die Kritik des NRW-Finanzministers in Bezug auf das geplante Bundesamt. „NRW unternimmt mit der Gründung des LFB einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Diesen Schritt hätten wir uns auch auf Bundesebene mit Blick auf den Kampf gegen den Steuerbetrug gewünscht, sagte Konrad Duffy, Experte für Finanzkriminalität bei der „Finanzwende“, dieser Zeitung. Der Verein hält das geplante Bundesgesetz für enttäuschend, auch, weil es vor allem auf Geldwäsche ziele und den Steuerbetrug vernachlässige. Deutschland bleibe wohl weiter „ein sicherer Hafen für schmutziges Geld“.

Wie hartnäckig sich Beschuldigte aus der Finanzwelt gegen die Verfolgung wehren, zeigt die Anzeige des Bankers Christian Olearius, gegen den im Skandal um Cum-Ex-Geschäfte ermittelt wurde, gegen die frühere Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker. Sie hatte im Sommer im Interview mit dieser Redaktion gesagt:  „Im Kampf gegen Clan-Kriminalität und Drogen geht der Staat konsequent vor, bei Wirtschaftskriminalität verhält er sich zögerlich. Das schadet unserer Demokratie. Ich bin davon überzeugt, dass das Misstrauen vieler Menschen in den Staat und seine Institutionen zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass sie den Eindruck haben, die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen.“

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