Berlin. Es kommt nicht oft vor, dass Merkel und ihr ärgster Kontrahent mehr als zwei Stunden in einem Raum verbringen. Sie haben’s überlebt.
Geburtstagsfeiern können rauschende Partys sein – oder verkrampfte Pflichtübungen. Die Feier der CDU für Angela Merkel am Mittwochabend in Berlin? Weder noch. Es war ein ganz besonderes Familienfest der CDU. Immerhin: Es kommt nicht oft vor, dass die Kanzlerin a.D. und ihr ärgster innerparteilicher Kontrahent Friedrich Merz mehr als zwei Stunden in einem Raum verbringen. Um es vorwegzunehmen: Sie haben’s überlebt. Mehr noch. Sie haben’s genossen.
Merkel ist im Juli 70 Jahre alt geworden. Das Verhältnis zu ihrer Partei und besonders zu Friedrich Merz war in den vergangenen Jahren, nun ja, nicht das herzlichste. Seit Merkel 2002 den damaligen Fraktionschef Merz aus dem Amt gedrängt hat, herrschte Eiszeit zwischen den beiden. Und nun?
Merz erinnert an die Triggerpunkte von Merkels Kanzlerschaft
Merkel und Merz kommen an diesem Abend zusammen in den Festsaal in Berlin, sie gehen zügig, sie lächeln. Vielleicht auch deshalb, weil sie nebeneinander laufen – ein anderer aber hinter ihnen läuft: Markus Söder. Es ist ein Bild, das viel erzählt. Merz und Merkel, so scheint es in diesem Moment, sind sich näher als Merz und sein ewiger Widersacher aus Bayern.
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Merz duzt Merkel, immer wieder spricht er sie an – „liebe Angela“. Seine Rede ist dennoch kein reiner Balsam – sondern legt den Finger freundlich, aber klar in Merkels Wunde, auf den Triggerpunkt ihrer Kanzlerschaft: Ihre – aus heutiger Sicht - umstrittenen Entscheidungen ihrer Amtszeit. „Wir können nicht alle Konsequenzen unserer Handlungen vorhersehen“, sagt Merz. Politiker handelten ins Ungewisse, ins Offene. „Erst später wird sich herausstellen, ob alles richtig war. Dann trifft uns das Urteil der Nachwelt.“ Merz sagt „uns“. Er weiß, dass ihm das Gleiche passieren kann. Es ist wie ein warmer Händedruck.
Merz und Merkel: Nehmen Sie sich gleich in den Arm?
Als Merz sich anschließend rechts neben Merkel setzt, strahlt sie ihn an. Merz hat noch Puls vom Reden, aber er ist sichtbar zufrieden mit sich. Für einen Moment wirken die beiden, als seien sie ein Herz und eine Seele, als würden sie sich gleich in die Arme nehmen. Nüchterner gesagt: Merz will Kanzler werden und weiß, dass es auf Dauer nicht schlau wäre, Merkel und ihre nach wie vor große Anhängerschaft in der Union einfach auszublenden. Und Merkel will bei aller Distanz, dass ihre Partei wieder ins Kanzleramt zieht. Man braucht sich, man arrangiert sich.
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Links neben Merkel sitzt ihr Ehemann Joachim Sauer, um sie herum das Who-Is-Who ihrer Partei. Die Unions-Regierungschefs Markus Söder, Hendrik Wüst, Reiner Haseloff und Kai Wegner – aber auch viele Gesichter aus ihrem Kanzlerinnen-Kosmos – ihr Ex-Fraktionschef Volker Kauder, ihre Ex-Minister Jens Spahn, Peter Altmaier, Thomas de Mezière und Hermann Gröhe. Aber auch Rita Süßmuth, Armin Laschet, Alexander Dobrindt und Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Sie alle hören sich an, wie der Kunsthistoriker Horst Bredekamp über Licht und Schatten der Aufklärung spricht – auf Wunsch von Merkel.
Merkel zu Merz: „Haben Höhen und Tiefen erlebt“
Merkel bedankt sich am Ende gut gelaunt – vor allem beim „lieben“ Friedrich. „Jeder, weiß, dass wir beide Höhen und Tiefen erlebt haben.“ Aber jetzt will sie ihm vor großem Publikum zur Kanzlerkandidatur gratulieren. Die Kanzleraufgabe, das sei „Ehre und Aufgabe zugleich“, gibt sie ihm mit. Höhen und Tiefen? Diesmal also definitiv eine Höhe.
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