Düsseldorf. Warum war die grüne Flüchtlingsministerin Paul nach dem Anschlag vier Tage abgetaucht? Eine SPD-Anfrage will es nun genauer wissen.

Nach dem Attentat von Solingen lässt die SPD-Opposition im Landtag bei der Frage nach der Erreichbarkeit von NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul nicht locker. Die 42-jährige Grünen-Politikerin steht unter Druck, weil sie nach dem vom syrischen Asylbewerber Issa al H. verübten Anschlag mit drei Todesopfern fast vier volle Tage lang abgetaucht war.

Die SPD bezweifelt die offizielle Version, dass die brisante Information über die gescheiterte Abschiebung des Tatverdächtige nach Bulgarien die Ministerin erst spät erreichen konnte.

Paul musste inzwischen tatsächlich einräumen, dass das Landeskriminalamt (LKA) bereits am Samstag, 24. August, gegen 17 Uhr – also etwa 18 Stunden nach der blutigen Tat beim Solinger Stadtfest – in ihrem Ministerium die Asylakte von Issa al H. angefordert hatte. Zu diesem Zeitpunkt lief die Fahndung nach dem Attentäter auf Hochtouren.

Reul wartete am Sonntagmorgen nach dem Anschlag auf einen Rückruf

SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat will nun in einer Kleinen Anfrage, die unserer Redaktion vorliegt, von Paul wissen, wer sich in ihrem Hause mit dieser LKA-Anfrage befasst hat und was daraufhin veranlasst wurde. Eine derartige Kontaktaufnahme am Wochenende direkt nach einem Terroranschlag hätte eigentlich zu Nachfragen und weiteren Maßnahmen führen müssen, mutmaßt Kapteinat.

Bislang hatte Paul darauf abgestellt, dass sie an jenem Wochenende auf einer Gedenkveranstaltung in Frankreich gewesen sei. Dort hielt sie tatsächlich am Sonntagvormittag, 25. August, eine Rede anlässlich des Massakers deutscher Soldaten im Dorf Maillé vor 80 Jahren.

War Flüchtlingsministerin Paul wirklich nicht im Bilde?

An jenem Sonntagmorgen um 8.30 Uhr hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) versucht, per SMS mit Paul ein Telefonat zu vereinbaren. „Ohne Benennung des Problems. Hintergrund: Mir war aus polizeilichen Ermittlungen mittlerweile bekannt geworden, dass es sich bei dem in der Nacht festgenommenen Tatverdächtigen um einen Flüchtling handelt“, sagte Reul im Innenausschuss des Landtags. Paul rief jedoch nicht zurück, obwohl die Gedenkveranstaltung in Frankreich laut Terminvorschau der Landesregierung erst um 10.30 Uhr begann. Im Tagesverlauf ließ Paul dann einen Referenten in Reuls Büro nachfragen.

Die schwarz-grüne Landesregierung versuchte zunächst den Eindruck zu erwecken, Paul hätte gar nicht wissen können, was Reul von ihr wollte. Das wird jedoch selbst in Koalitionskreisen als „vollkommen lebensfremd“ zurückgewiesen. Der Innenminister bitte höchstselten sonntagmorgens um halb neun um Rückruf, zudem gab es seit dem Solingen-Attentat am Freitagabend rund um die Uhr bundesweite Berichterstattung und allein neun WE-Meldungen (Wichtiges Ereignis) des Lagezentrums der Landesregierung.

Nachdem die frühe Aktenanforderung des LKA in Pauls Ministerium eingeräumt ist, erwartet die Opposition genauere Aufklärung über die Krisenreaktionszeit und die Kommunikationswege innerhalb der Landesregierung.