Berlin. Wie tritt der Kanzler nach den Ostwahlen auf? Beim Bürgerdialog in Berlin muss Scholz bei einer Frage seine Ratlosigkeit einräumen.
Kommt an diesem Abend ein neuer Kanzler? Schließlich hat Olaf Scholz den Auftrag bekommen, seine Politik besser zu erklären. Als der Kanzler um 19 Uhr erscheint, sieht er erst einmal aus wie der bekannte Olaf Scholz. Nur Sakko und Krawatte fehlen.
Es ist heiß an diesem Mittwoch in Berlin. Als der Kanzler das Mikrofon in die Hand nimmt, sind es noch 30 Grad. Scholz trifft in der ufa-Fabrik, einem Kulturzentrum im Süden der Hauptstadt, rund 150 Bürgerinnen und Bürger zu einem Kanzlergespräch.
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Wahlen in Sachsen und Thüringen: Der Kanzler hatte sich rar gemacht
Das Format: Die für die Veranstaltung ausgelosten Gäste fragen anderthalb Stunden lang, was sie wollen. Scholz antwortet. Im Anschluss kann man Selfies mit dem SPD-Politiker machen. Es sind viele Journalisten gekommen. Seit den Wahlen in Thüringen und Sachsen am Sonntag hatte Scholz sich rar gemacht.
Der Kanzler ließ nach der für seine SPD und die anderen Ampel-Parteien so enttäuschenden Wahl lediglich einige Sätze verbreiten, in denen er den Ausgang in Thüringen und Sachsen als „bitter“ bezeichnete. Zu Wochenbeginn war Scholz öffentlich nicht zu sehen, am Mittwoch war er zunächst bei der Bundeswehr in Schleswig-Holstein. Dieser Bürgerdialog im Süden Berlins ist die erste Gelegenheit, etwas mehr vom Kanzler nach den beiden Wahlen im Osten zu erfahren.
Was würde Scholz unbekannt in Berlin machen? Zur Currywurstbude gehen
In den Minuten und Stunden nach der Wahl wiederholten SPD-Politiker immer wieder: Wir müssen unsere Politik viel besser erklären. Das, so hieß es von mehreren Sozialdemokraten, schließe ausdrücklich den Kanzler mit ein. Neben dem Dauerchaos in der Ampel gelten Scholz und sein Auftreten als Gründe, warum die Regierung so unbeliebt ist.
Die erste Frage stellt die Moderatorin: Was er denn an einem freien Tag in Berlin machen würde, wenn ihn niemand erkennen würde? Der in Potsdam lebende Scholz überlegt kurz und sagt dann, dass er an diesem Tag vermutlich eine Currywurst-Bude besuchen würde.
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Die Bürger wollen von Scholz wissen: Was tun Sie konkret?
Dann wird gefragt nach irregulärer Migration, nach den deutschen Waffenlieferungen für die Ukraine, den Drogen-„Zombies“ auf Berliner Straßen oder der angespannten Lage auf dem Mietmarkt. Die Menschen im Publikum stellen dem Kanzler Fragen, die sich meist mit „Was tun Sie konkret?“ zusammenfassen lassen.
Gefragt nach der Sicherheit in Deutschland verweist Scholz auf den kürzlich gestarteten Abschiebeflug nach Afghanistan: „Wir haben das geschafft.“ Warum Reiche nicht stärker besteuert würden, will ein Fragesteller wissen. „Da wäre mehr Gerechtigkeit möglich. Wir sind schonmal zwei“, räumt Scholz ein, verweist aber auf politische Mehrheiten.
AfD-Erfolge im Osten: Scholz kritisiert „Sumpfblüten“
Warum es nicht mehr Wohnungen gebe? Beim Neubau hat die Ampel-Regierung ihre Ziele weit verfehlt. Scholz begründet dies mit gestiegenen Preisen, gestiegenen Zinsen, Zurückhaltung in der Baubranche. Ein Problem sieht er aber auch in der Skepsis derer, die schon eine Wohnung haben und keine Lust auf Baustellen in der Nachbarschaft haben: „Dieses Tabu muss fallen, dass der Neubau von Wohnungen ein Problem ist.“
Schließlich eine Frage nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen. „Das Wahlergebnis für die AfD bedrückt mich sehr“, räumt der Kanzler ein. „Jetzt müssen wir alle sehen, was wir machen.“ Scholz redet über unsichere Zeiten, in denen „Sumpfblüten“ gut gedeihen. Statt Ängste zu schüren, müsse über Lösungen gesprochen werden.
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Einmal kann Scholz seine Ratlosigkeit nicht verbergen
Zu den Wahlergebnissen am vergangenen Sonntag hätte zudem das Thema Migration und die umstrittene Unterstützung der Ukraine beigetragen. Zur Migration sagt Scholz: „Wir wollen das Thema weniger wichtig machen, indem wir zeigen, dass wir das managen.“ Dann unterstreicht der Kanzler seinen Willen zur Militärhilfe für die Ukraine und betont seine „Besonnenheit“, die der richtige Weg sei. In den aufgeregten öffentlichen Diskussionen sei dies aber untergegangen.
Scholz bemüht sich erkennbar, auf die Fragesteller einzugehen. Auch wenn der Kanzler nicht immer so konkret antwortet, wie die Anwesenden sich das wohl wünschen würden. Einmal kann er seine Ratlosigkeit aber nicht verbergen.
Wie schlichtet man den Ampel-Streit? „Ich frage für einen Freund“, sagt Scholz
Ein Erzieher bekommt das Wort, dem die Ampel-Koalition vorkommt wie ein Haufen streitender Kleinkinder. Wie man das ändern könne? „Sie haben recht“, teilt Scholz die Beschreibung seines Bündnisses. „Welches Patentrezept haben Sie?“, will Scholz von dem Fachmann wissen. „Ich frage für einen Freund.“
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