Berlin/Warschau. Einem Bericht zufolge hatte Polen kein Interesse an einer Festnahme des Ukrainers. Er soll kurz nach der Tat in Berlin gewesen sein.

Im Fall der Nord-Stream-Sabotage und den Ermittlungen gegen einen der Verdächtigen, Volodymyr Z., gibt es schwere Vorwürfe gegen polnische Sicherheitsbehörden. Wie der „Spiegel“ und das ZDF unter Verweis auf deutsche Sicherheitsbehörden berichten, habe Polen den europäischen Haftbefehl gegen den Mann nicht vollstreckt.

Laut dem Bericht gehe man in Berlin davon aus, dass Warschau den in Polen lebenden Verdächtigen sogar hat warnen lassen, damit er sich später in die Ukraine absetzen konnte. Auf den Fluren deutscher Behörden erzähle man sich, dass polnische Offizielle gesagt hätten: „Warum sollten wir den festnehmen? Für uns ist der ein Held!“ Statt einer Festnahme soll Volodymyr Z. Anfang Juli von Polen in sein Heimatland gereist sein – mit einem Auto mit diplomatischen Kennzeichen der ukrainische Botschaft in Warschau.

Nord-Stream-Anschlag: Verdächtiger reiste zurück in Ukraine

Zuvor soll sich Z. mehrmals in Deutschland aufgehalten haben. Hier soll er einer Festnahme nur knapp entkommen sein. Dem Bericht zufolge hielt er sich nur wenige Tage bevor Ende Mai ein Haftbefehl von den deutschen Behörden gegen ihn erlassen wurde bei einer Bekannten in Berlin auf. Der Ukrainer reiste daraufhin zurück in seine Wahlheimat Polen. Am 21. Juni wurde ein europäischer Haftbefehl erlassen und auch an die polnischen Behörden übermittelt.

In Deutschland sei man allerdings noch nicht besorgt gewesen und ging davon aus, dass Polen den Haftbefehl – wie es nach EU-Recht vorgeschrieben ist – vollstrecken werde. Doch Polen habe am Rande einer gemeinsamen Regierungskonsultation Anfang Juli jedoch genau das Gegenteil deutlich gemacht, heißt es.

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Nord Stream: Polnische Staatsanwaltschaft – Volodymyr Z. nicht an Wohnort angetroffen

Die polnische Staatsanwaltschaft hatte Mitte August auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigt, dass sie von der Bundesanwaltschaft im Fall der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee einen Europäischen Haftbefehl zur Festnahme eines Verdächtigen erhalten hat. Die Ermittler hätten den Verdächtigen jedoch an seinem Wohnort nicht angetroffen, sagte eine Sprecherin der polnischen Generalstaatsanwaltschaft weiter. „Der Mann hat Anfang Juli die Grenze zwischen Polen und der Ukraine überquert.“

Die beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 wurden am 26. September 2022 durch mehrere Sprengungen beschädigt und unterbrochen. Die Explosionen wurden in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm registriert. Wenig später entdeckte man vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen. Durch Nord Stream 1 floss zuvor russisches Erdgas nach Deutschland. Nord Stream 2 war wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der daraus resultierenden politischen Differenzen noch nicht in Betrieb.

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les/dpa