Berlin. Der Ampel-Koalition geht die Puste aus, die Gemeinsamkeiten sind ausgeschöpft. Das Bündnis sollte dem Land noch einen Dienst erweisen.
Ist in diesen Tagen von der Ampel-Koalition die Rede, wird immer wieder der Vergleich zu einer Ehe gezogen. Anfangs fanden sich die Partner aufregend und interessant, es blühten Euphorie und die Zuversicht, gemeinsam viel erreichen zu können. Inzwischen herrscht in der Beziehung das Misstrauen und die Beteiligten sind genervt voneinander, die Gemeinsamkeiten ausgeschöpft. All das ist so offenkundig, dass sich niemand mehr bemüht, die Entfremdung zu verbergen.
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Olaf Scholz nennt das Regieren „mühselig“, was für seine Verhältnisse eine nahezu drastische Aussage ist. Mit Blick auf das Bündnis spricht der Kanzler zudem von einem „Schlachtfeld“, auf dem der ständige Pulverdampf das Regierungshandeln verdecke. Grünen-Chef Omid Nouripour sieht in der Ampel nur noch eine „Übergangskoalition“. Und FDP-Justizminister Marco Buschmann mahnt die Partner: „Wir sind keine Selbsthilfegruppe, sondern eine Bundesregierung.“
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Bundesregierung: SPD, FDP und Grüne haben keine Gemeinsamkeiten mehr
In der Politik ist es noch nie besonders zimperlich zugegangen. In Zeiten vielfacher Krisen, die in immer kürzeren Abständen auf uns hineinbrechen – und auf die unsere Gesellschaft immer gereizter reagiert – ist dies nicht anders. Insofern sollte nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden, das in der Koalition übereinander gesprochen wird. Der ruppige Umgangston ist inzwischen aber der Ausdruck eines viel schwerwiegenderen Problems.
SPD, FDP und Grüne haben die Grenzen des gemeinsam Machbaren erreicht. Das quälende Verfahren zur Aufstellung des Haushalts hat dies schonungslos offengelegt. Auch in den Nachverhandlungen ist es Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner nicht gelungen, die Milliardenlücke im Etat zu schließen. Sie konnten sich nicht auf Lösungen verständigen, die sie politisch und rechtlich gemeinsam vertreten können.
Neuwahlen? Der Koalition geht die Puste aus
Dreizehn Monate vor der nächsten Bundestagswahl geht der Koalition die Puste aus. Das zeigt sich auch am Streit um das Bürgergeld oder die Kindergrundsicherung, an der Blockade beim Mieterschutz, an den Differenzen um die innere Sicherheit oder um die Finanzierung der Pflege. Zu den Knackpunkten gehören außerdem der Klimaschutz und die Verkehrspolitik, die Liste ließe sich weiterführen. Es wäre konsequent von den Koalitionsparteien, einen Schlussstrich zu ziehen.
Dennoch ist nicht zu erwarten, dass einer der drei Partner einen vorzeitigen Koalitionsbruch und Neuwahlen anstrebt. Zu groß ist die Angst vor dem Resultat. Die Ampel dürfte also im Amt bleiben, wenn nicht die Ergebnisse der anstehenden Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg eine Dynamik erzeugen, von der sich die Koalitionäre zum Handeln gezwungen sehen.
Bundestagswahl 2025: Wem geht es um Krach – und wem um Lösungen?
Ein Jahr Streit und Stillstand kann Deutschland sich aber nicht leisten. Die Koalition muss sich zusammenreißen. Denn macht die Ampel weiter wie derzeit, wird sie bis zum regulären Wahltermin Ende September 2025 das Vertrauen in der Bevölkerung in Politik und ihre Handlungsfähigkeit gefährlich untergraben. Bei den Ostwahlen dürfte sich bereits ablesen lassen, wohin Frust über die politisch Handelnden führt: Die demokratische Mitte verdorrt, die Ränder erstarken, verlässliche Regierungsmehrheiten sind in Gefahr. Das ist auch eine Botschaft an die Union.
Für die Ampel geht es schon gar nicht mehr in erster Linie um ihre Wiederwahl, es geht um den Zustand unserer Demokratie. In den kommenden Monaten müssen Regierung und Oppositionsparteien beweisen, wem es um Krach geht – und wem um Lösungen für das Land.
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