Düsseldorf. Was Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) den demokratischen Parteien vorwirft und was jetzt in Ostdeutschland auf dem Spiel steht.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hält den Streit der Ampel-Parteien für demokratiegefährdend. „Die Demokratie verteidigt sich nicht von selbst. Dafür brauchen wir eine starke, wehrhafte Gesellschaft. Und das bröckelt. Viele Leute sind nach der Pandemiezeit immer noch wütend auf die Politik. Sie verstehen viele Abgeordnete nicht mehr. Die Ampel trägt auch nicht dazu bei, diesen Eindruck zu verändern“, sagte die Duisburgerin bei einer Dialog-Veranstaltung mit in der neuen Zentrale der NRW-SPD (Johannes-Rau-Haus).

„Der Streit in Berlin lässt mich manchmal wirklich ratlos zurück“

Die Demonstrationen Anfang des Jahres gegen rechts hätten ihr Mut gemacht, sagte Bas. Sie seien aber ein Auftrag an die Politik. „Die Leute haben den Anspruch: Wir sind auf die Straße gegangen, wir wollen unsere Demokratie verteidigen, aber ihr habt gefälligst auch eure Hausaufgaben zu machen.“ Der Dauer-Streit in Berlin lasse sie „manchmal wirklich ratlos zurück“.

Die Ampel müsse Probleme lösen und mit den vielen Verunsicherten sprechen. „Die allgemeine Gemengelage überfordert die Menschen. Die Bilder aus dem Gazastreifen, der Krieg in der Ukraine, die Herausforderungen des Klimawandels, die Digitalisierung – alles nervt gerade“, sagte die 56-Jährige im Gespräch mit der NRW-SPD-Vorsitzenden Sarah Philipp.

Bas‘ Rat an die Regierenden: Kümmert euch um Migration, bezahlbares Wohnen, Jobs

Die Ampel habe diese Probleme zwar nicht verursacht, müsse sie aber lösen. „Aber die Menschen merken, dass sich nichts ändert. Da gibt es mal ein Formular weniger, dafür kommen drei neue dazu“, so Bas. Die selbst ernannte „Fortschrittskoalition“ und die demokratischen Parteien müssten sich um das kümmern, was die Menschen wirklich umtreibe: Migration, bezahlbares Wohnen, sichere Jobs, Bürokratieabbau.

„Es wird entscheidend sein, ob uns die Leute in den Monaten bis zur Bundestagswahl noch abnehmen, dass wir es hinkriegen, das Leben der Menschen besser zu machen“, warnte Bas.

Auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland blickt Bas mit Sorgen: „Die Regierungsbildung wird dort schwer. Wenn Parteien wie die SPD und FDP aus Landtagen rausfliegen, bleibt nicht mehr viel übrig, um eine Regierung zu bilden.“

Bas über die Probleme mit Social Media

Die demokratischen Parteien vernachlässigten nach Einschätzung von Bärbel Bas die Chancen der digitalen Kommunikation: „Es hat lange gedauert, bis wir als ältere Parteien auf den Trichter gekommen sind, in Social Media aktiv zu werden. Die AfD hat von vornherein das zu ihrer Kerndomäne gemacht.“ Die demokratischen Parteien müssten bei Social Media aufholen und dort den Fake News Fakten gegenüberstellen.

Die Sprache in den deutschen Parlamenten habe sich nach dem Einzug der AfD verhärtet. Bas: „Demokraten können faktenbasiert miteinander streiten. Jetzt haben wir zum ersten Mal eine Kraft in den Parlamenten., der Fakten egal sind. Früher wussten wir: Dieser Tisch ist rund. Wenn jetzt einer sagt, der ist eckig, dann hast du keine gemeinsame Basis für eine Debatte.“

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