Berlin. Die Absage der Konzerte fühlt sich für die Swifties an wie ein Weltuntergang. Ein islamistischer Anschlag aber hätte Folgen für ganz Europa.

Für die Fans war es ein Weltuntergang. Zumindest im ersten Moment, als die Nachricht kam: Alle Konzerte von Taylor Swift in Wien sind abgesagt – wegen Terrorgefahr. Wer in seinem Leben noch keinem Swiftie begegnet ist, wird nicht verstehen, wieso das so ein Drama ist. Wer dagegen selbst Swiftie ist oder mit Swifties zu tun hat, weiß: Die irrsinnig teure Tour des US-Stars macht in diesem Sommer Millionen Menschen in Europa glücklich, ein Taylor-Swift-Ticket in der Tasche wirkt wie eine Dauerdosis Glückshormone. Fällt das Konzert aus, ist alles Essig. Aber, um ehrlich zu sein: Es ist ein vorübergehender Weltuntergang, er wird in ein paar Wochen vergessen sein.

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Taylor Swift während des ersten Konzerts der „Eras“-Tour in Melbourne.
Von Athena Riegel, Patricia von Thien und Louisa Thönig

Ein andere, größere, unheilbare Katastrophe dagegen wurde verhindert: Denn was wäre passiert, wenn es tatsächlich einen Anschlag auf eines der Konzerte gegeben hätte? Bei Auftritten von Taylor Swift toben sich die Fans so aus, dass der Boden bebt, die Vibrationen sind oft viele Kilometer weit weg noch spürbar. Was, wenn ein Attentäter mitten in dieser enthusiastischen Menge Sprengstoff gezündet hätte oder Amok gelaufen wäre? Oder wenn er auf die Idee gekommen wäre, mit einem Auto in die Fans vor dem Stadion zu fahren? Das eine lässt sich durch maximale Sicherheits-Checks am Eingang zumindest ausbremsen, das andere lässt sich praktisch überhaupt nicht kontrollieren.

Hundertprozentige Sicherheit ist in einer offenen Gesellschaft eine Illusion. Das wissen wir seit dem Anschlag auf den Club Bataclan in Paris, dem Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt, dem Selbstmordanschlag auf das Konzert von Ariana Grande in Manchester.

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Der junge Mann, der jetzt als Hauptverdächtiger in Österreich festgenommen worden ist, war nach Angaben der Ermittler Teil eines islamistischen Netzwerks und wollte Sprengstoff und Stichwaffen einsetzen und damit möglichst viele Menschen töten. Er habe selbst keine Konzertkarte gehabt, sondern wollte offenbar im Umfeld des Stadions zuschlagen. Den Ermittlern habe er erklärt, dass er sich selbst und eine große Menschenmenge töten wollte. Mit anderen Worten: Er hat ein Massaker geplant. Doch das wäre nur der Anfang.

Ein tödlicher Anschlag auf ein Popkonzert mit möglicherweise Hunderten Opfern würde eine Schockwelle auslösen, die weit über Wien hinausreicht und nur noch schwer einzudämmen wäre.

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    Die Folge: maximale Alarmstimmung, gerade auch in Deutschland, weil ein solcher Triumph der Attentäter logischerweise Nachahmer anstacheln würde. Aber auch deshalb, weil ein islamistischer Anschlag geradezu reflexhaft die Stimmung gegen Zuwanderer im Allgemeinen und Muslime im Besonderen schüren würde. Man muss kein Zyniker sein, man muss im Moment nur auf die Krawalle in Großbritannien schauen, um zu sehen: Im rechtsextremen Milieu warten sie nur auf einen möglichst blutigen Anlass zum Losschlagen.

    Katastrophe ist ein großes Wort. Ein islamistisches Attentat auf eine Massenveranstaltung mitten in Europa wäre jedoch genau das. Mehr noch: Nach einer solchen Tat lägen die Zutaten für eine gefährliche Destabilisierung der Demokratie auf dem Tisch: ein Staat, der Zehntausende junge Fans nicht schützen kann. Angst vor dem nächsten Anschlag aus dem Nichts. Wachsendes Misstrauen gegenüber Einwanderern. Und dazu Populisten mit einfachen Antworten: Die offene, demokratische, westliche Welt, wie wir sie kennen, stünde nach einem solchen Anschlag schnell am Abgrund.

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