Berlin. Ein Kind zögert, Erdogans Hand zu küssen. Der Patriarch hilft nach – mit einer Watsche. Das Video der Szene ist ein Aufreger im Netz.
Bei Recep Tayyip Erdogan sitzt die Hand locker. Das gilt im Weltmaßstab, wenn der türkische Präsident Israel mit einem militärischen Eingreifen droht. Und es gilt genauso im Kleinen, wenn einer nicht spurt und nicht sputet, nicht pariert, ihm gar den Respekt versagt. Auf offener Bühne hat er ein Kind abgewatscht – das Video sorgt für viel Wirbel im Netz.
Erdogan war am Wochenende in der Stadt Rize, um ein soziales Bauprojekt zu eröffnen. Ein Routinetermin der schöneren Art. Wie Sonnenblumen nach der Sonne richten sich alle nach dem Präsidenten. Rede, Bad in der Menge, dann der Höhepunkt: die Übergabe. Tausend Kameras laufen und halten den Moment fest.
Erdogan ohrfeigt Kind: Die kulturelle Verwirrung ist perfekt
Die Familien werden auf die Bühne gebeten. Feierlich wird ihnen der Schlüssel zur neuen Wohnung überreicht. Eine Familie schickt ihre zwei kleinen Söhne vor. Niedlich. Foto mit Kind – ein klassisches Motiv der politischen PR. Kann man da was falsch machen?
Erdogan kann.
Der 70-Jährige streckt beiden Kindern seine Hand entgegen. Sie sollen sie küssen. Der Handkuss ist ein Zeichen des Respekts, der Zuneigung. Der erste Junge steht auf dem Schlauch. Weiß er nicht, was er tun soll? Ist er gedanklich woanders? Erdogan weiß eine Lösung: eine leichte Ohrfeige, sagen wir mal: eine Streicheleinheit der unsafteren Art.
Der Groschen fällt, der Junge küsst die Hand, der Patriarch ist dankbar. Er belohnt den Jungen nicht mit Zucker, sondern mit ein paar Geldscheinen. Hier endet die Geschichte in der Türkei, freilich nicht im world wide web. Dort wird sie in der Folge zum Aufreger.
Züchtigungsrecht in Deutschland abgeschafft
Manche finden das Verhalten widerlich, andere psychisch gestört, wieder andere normal. Es ist eine kulturelle Frage, sogar zweifach: Der Handkuss ist Teil der Kultur, ebenso ein Züchtigungsrecht, von einem Protest der Eltern des Kindes berichtet kein türkisches Medium. Man muss die Szene in ihrem kulturellen Kontext einordnen.
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In Deutschland und vielen anderen Staaten ist das Recht, sein Kind notfalls auch mit Prügel zu erziehen, abgeschafft worden. Selbst der kleinste Klaps löst hierzulande Befremden und im Netz – allein bei Open Source Intel an die 230 Reaktionen – einen Wirbel aus. Es regt sich viel Kritik am Video vom „Sultan“ und dem Kind.