Washington. Sein Ruf hat ihn in Trumps inneren Kreis gebracht: Chris LaCivita kennt die Tricks der politischen Schmutzkampagne wie kaum ein anderer.

Wenige Minuten bevor zwölf Geschworene in New York das Urteil im Strafprozess gegen Ex-Präsident Donald Trump verkündeten, griff Larry Hogan zum Telefon. Der ehemalige Gouverneur von Maryland bewirbt sich derzeit um einen Sitz im US-Senat. Doch in dem stramm demokratischen Ostküstenstaat dürfte es der Republikaner schwer haben. Entsprechend bemühte sich Hogan, sich als moderate Stimme der Vernunft zu präsentieren. „Unabhängig vom Ergebnis bitte ich alle Amerikaner, das Urteil und den Rechtsprozess zu respektieren“, schrieb er auf der Social-Media-Plattform X.

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Keine besonders kontroverse Stellungnahme, sollte man meinen. Doch in der Wahlkampfzentrale von Donald Trump wirkte Hogans Post wie eine Provokation. „Du hast gerade deine Kampagne beendet“, antwortete Trumps Wahlkampfmanager Chris LaCivita auf X. Inzwischen haben sich zahlreiche führende Republikaner von Hogan distanziert. Seine Chancen auf einen Sitz im Senat dürften weiter gesunken sein.

Trumps Wahlkämpfer: Die Presseberichte beschrieb ihn als „hyperaktiv“, „manisch“ oder „rebellisch“

Die Episode beschreibt ganz gut, wie LaCivita Trumps dritte Präsidentschaftskampagne führt. Der Wahlkämpfer setzt auf absolute Message Discipline – also auf die strikte Befolgung der Vorgaben der Wahlkampfleitung. Wer davon abweicht, wird bestraft. Das zieht. LaCivita und seine Co-Wahlkampfleiterin Susie Wiles haben es geschafft, aus Trumps traditionell chaotischer politischer Operation eine straff geführte Kampagnenmaschine zu formen.

Dass der Ex-Präsident in Umfragen derzeit meist vor Amtsinhaber Joe Biden liegt, dürfte nicht zuletzt an seinem Führungsteam liegen. Gleichzeitig hat sich LaCivita den Ruf erarbeitet, die Tricks der politischen Schmutzkampagne besser zu beherrschen als fast jeder andere politische Kampagnenmacher. „Chris ist einer der effektivsten Wahlkämpfer, die ich kenne“, sagte der ehemalige demokratische Stratege Mo Elleithee dem Magazin „Mother Jones“. „Er ist ein harter Kämpfer, der besser als fast jeder andere Wahlkämpfer versteht, was die Wähler bewegt.“

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    Diese Fähigkeiten hat LaCivita vor allem in Virginia gelernt. Nach seinem Einsatz im ersten Golfkrieg schloss sich der Veteran dem Team des damaligen State-House-Abgeordneten George Allen an, der sich um einen Sitz im US-Repräsentantenhaus bewarb. Allen stieg schnell auf, wurde Gouverneur und Senator. LaCivita folgte ihm, machte sich einen Namen für seinen Fleiß und seine Loyalität. Einmal, so erzählt man sich in Virginia, schwamm er nachts in eiskaltem Wasser durch eine Bucht, um auf einer kleinen Insel ein Wahlkampfschild für Allen aufzustellen. Seine Arbeit während Allens Senatskampagne im Jahr 2000 beschrieb er mal so: „Ich bellte Befehle mit meinem Marinesäbel in der Hand und stach ihn in die Bürowand.“ Kein Wunder, dass ihn Presseberichte aus dieser Zeit als „hyperaktiv“, „manisch“ oder „rebellisch“ beschreiben.

    LaCivita spielte 2004 bereits eine zentrale Rolle in George W. Bushs Wahlkampf

    Diese Eigenschaften führten ihn auch zu seinem bislang größten Coup. Denn schon vor 20 Jahren sicherte der Wahlkämpfer mutmaßlich einem republikanischen Präsidenten das Weiße Haus. Im Sommer 2004 musste George W. Bush um sein Amt kämpfen. Sein Herausforderer, der demokratische Senator und hochdekorierte Kriegsheld John Kerry, lag in den Umfragen vorn. Bush brauchte Hilfe. Da traf es sich gut, dass einige Anti-Kerry-Veteranen weitgehend haltlose Anschuldigungen über den Militärdienst des Demokraten während des Vietnamkriegs in die Welt setzten.

    Werden die Fähigkeiten von Trumps Scharfmacher ausreichen, um dem Ex-Präsidenten eine Rückkehr ins Weiße Haus zu ermöglichen?
    Werden die Fähigkeiten von Trumps Scharfmacher ausreichen, um dem Ex-Präsidenten eine Rückkehr ins Weiße Haus zu ermöglichen? © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon

    LaCivita half, aus diesen Unwahrheiten Wahlkampfspots zu basteln und sie mithilfe republikanischer Spender in Radio und Fernsehen zu platzieren. Ihre Wirkung war verheerend. Kerrys Umfragewerte stürzten ab, Bush gewann die Wahl. „Wenn ich diese Spots gehört hätte, hätte ich mich auch nicht gewählt“, urteilte der Demokrat später. LaCivita hingegen steht zu seiner Arbeit. „Wir haben einer Gruppe von Veteranen die Möglichkeit gegeben, eine Botschaft zu vermitteln“, sagt er in einem Interview. „Es ist mir egal, was die Leute denken. Ich würde es morgen wieder tun.“

    Der Ruf des kompromisslosen Kämpfers hat LaCivita auch in Trumps Orbit gebracht. Heute ist er der wichtigste Mann in der politischen Organisation des Ex-Präsidenten. Neben seiner Rolle als Co-Wahlkampfleiter hat Trump ihn inzwischen auch in der Parteizentrale der Republikaner installiert. Kaum angekommen, feuerte LaCivita einen großen Teil der bisherigen Belegschaft und ersetzte sie durch Loyalisten. Hinzu kommt, dass LaCivita durch seine Doppelrolle nun eine weitgehende Kontrolle über die Wahlkampfbudgets von Partei und Kampagne haben dürfte. Experten schätzen, dass er damit in den kommenden Monaten den Einsatz von rund einer Milliarde Dollar steuern wird.

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    Doch ob die Fähigkeiten von Trumps Scharfmacher ausreichen werden, um dem Ex-Präsidenten eine Rückkehr ins Weiße Haus zu ermöglichen, ist eine andere Frage. LaCivita und Wiles haben das Wahlkampfteam unter Kontrolle. Doch den Kandidaten selbst kann der Wahlkampfmanager nicht kontrollieren. Zuletzt machte Trump wieder mit wenig kohärenten Reden Schlagzeilen. Auch Bidens Umfragewerte haben sich leicht verbessert. Dennoch scheint LaCivita keinen Zweifel daran zu haben, dass Trump am 5. November gewinnen wird. „Was ich in den letzten 32 Jahren getan habe, waren Kampagnen, um die Demokraten zu schlagen“, sagte er dem „New York Magazine“. „Das ist es, was ich tue.“