Washington/New York. Ex-Präsident darf das Gerichtsgebäude in New York nicht verlassen, wenn die zwölf Juroren über seine Schuld oder Unschuld beraten.
Es sind in jedem Geschworenen-Prozess in den USA mit die wichtigsten Momente: Wenn der Richter am Ende der Beweisaufnahme der Jury passgenau zur Anklage die Spielregeln erklärt, nach denen die juristischen Laien über Schuld und Unschuld zu suchen haben.
Für Juan Merchan waren es am Mittwochmorgen im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump vielleicht wichtigsten „instructions”, die der gebürtige Kolumbianer jemals gegeben hat.
Seit 11.28 Uhr Ortszeit New York haben es zwölf Männer und Frauen im Süden Manhattans in der Hand, ob mit Donald Trump zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte ein ehemaliger Präsident und aktueller Präsidentschaftskandidat einer potenziell mit Gefängnis belegten Straftat schuldig gesprochen wird – oder nicht.
Merchan machte von Beginn an klar, was die Stunde geschlagen hat: „Es ist nicht meine Verantwortung, die Beweise in diesem Prozess zu bewerten. Es ist Ihre. Sie sind die Richter über die Fakten.“ Der 61-Jährige betonte die Leitplanken der Arbeit, die der Jury – ohne Zeitlimit – obliegt. „Sie müssen Ihre persönlichen Meinungen oder Vorbehalte gegenüber Donald Trump beiseite stellen“. Auch dass der Ex-Präsident am Ende des fast siebenwöchigen Prozesses auf eine persönliche Aussage verzichtete, dürfe ihm nicht negativ angelastet werden.
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Merchan zu den Geschworenen: Sie sind die Richter über die Fakten
Umfassend äußerte sich Merchan zum Tatbestand des Vorsatzes/der Absicht. Die Staatsanwaltschaft macht geltend, dass Trump in vollem Bewusstsein die Rückerstattung der Schweigegeld-Summe von 130.000 Dollar für den Porno-Star Stormy Daniels an seinen früheren Privatanwalt Michael Cohen bilanztechnisch verschleierte und sich dadurch einen unter Strafe stehenden Vorteil im Präsidentschaftswahlkampf 2016 verschafft hat. Trumps Verteidiger bestreiten komplett, dass Trump absichtsvoll vorgegangen sei. Merchan ließ die Geschworenen wissen, dass sie in dieser Frage Trumps Verhalten „und sämtliche Umstände, die dieses Verhalten umgeben haben“ berücksichtigen dürfen.
Die Schwelle für einen Schuldspruch liegt hoch. Um Trump als „guilty“ zu bezeichnen, müssen jeweils zwei Facetten bei den 34 Anklagepunkten bestätigt werden: Dass Trump „persönlich oder durch Zusammenarbeit mit einer anderen Person oder Personen einen falschen Eintrag in die Unterlagen vornahm oder diesen verursachte“. Und dass der Ex-Präsident dies mit der klaren Absicht tat, ein anderes Verbrechen – Verstoß gegen Wahlkampf-Gesetze etc. – zu verüben oder zu vertuschen.
Zeitdruck unterliegen die Laien-Richter nicht. Einzige Zielmarke: ein einstimmiges Urteil, Frei- oder Schuldspruch. Dabei gibt es einige wenig geläufige Details. Die Juroren sind während ihrer internen Beratungen abgeschirmt. Sie müssen ihre Mobil-Telefone vorher bei Justizbeamten abgeben. Wird einer von ihnen krank, springt ein Ersatz-Geschworener ein, der den Prozess die gesamte Dauer über mitverfolgen musste.
Jury hat Zugang zu Computer, in dem alle Informationen des Prozesses hinterlegt sind
Um das Gedächtnis aufzufrischen, bei über 5000 Seiten Gesprächsprotokolle über alle Zeugen-Aussagen vielleicht zwangsläufig, haben die Geschworenen Zugriff auf einen mobilen Computer, wo sämtliche Details des Prozesses hinterlegt sind. Außerdem steht Richter Merchan ihnen für Detailfragen zur Verfügung. Dabei muss der „Vormann“ einen Handzettel mit der Nummer der anonym gehaltenen Geschworenen (1-12), dem Datum und dem Zeitpunkt der gestellten Frage ausfüllen.
Für Donald Trump bedeutet die Schluss-Etappe des Prozesses eine weitere Geduldsprobe. Er darf das Gerichtsgebäude während der Geschworenen-Beratung nicht verlassen.
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