Kiew/Charkiw. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagt Auslandsreisen ab und bleibt im Land. Die Lage an der Front in der Region Charkiw spitzt sich zu.
Eigentlich wollte der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, in den nächsten Tagen nach Spanien und Portugal reisen, um mit den beiden Ländern Abkommen über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich zu schließen. Doch daraus wird vorerst nichts. Angesichts des Vorrückens russischer Truppen verkündete das ukrainische Militär am Mittwoch den Abzug von Truppen aus mehreren umkämpften Ortschaften. Auch die Situation in der Region Donezk ist unverändert kompliziert. Bis auf Weiteres werden alle internationalen Aktivitäten des Präsidenten verschoben.
Wie ernst die Lage in der Region Charkiw ist, zeigt nur nicht nur die Tatsache, dass der Präsident im Land bleibt. Oleksandr Syrskyj, Armeechef der Ukraine, ist ständig in der Frontnähe ist, um sich einen Blick zu verschaffen. „Aufgrund der Kampfentwicklungen und der Angriffe des Feindes“ seien an mehreren Orten in Lukjanzi und Wowtschansk Truppen verlegt worden, „um das Leben unserer Soldaten zu retten“, sagte ein Militärsprecher im ukrainischen Fernsehen. Die Einheiten seien „auf günstigere Positionen“ verlegt worden. Die Regierung in Kiew kündigte die Entsendung zusätzlicher Verstärkung an.
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Dmytro Lasutkin, Sprecher des Kiewer Verteidigungsministeriums, erklärte, dass sich einige russische Infanterie-Gruppen im Norden der Kleinstadt Wowtschansk befinden. Die Stadt liegt nur wenige Kilometer von der russischen Grenze entfernt. „Die Aufgabe Nummer eins ist im Moment, die Frontlinie zu stabilisieren und die Kämpfe in den Positionsmodus zu verwandeln“, kommentiert der gut informierte Militärjournalist Bohdan Myroschnykow. „Der Feind rückt in der Stadt vor und seine Saboteurgruppen kommen manchmal viel zu weit.“ Die Lage verbessere sich langsam, schätzt er die Lage ein. Die Behörden in Wowtschansk berichten hingegen von heftigen Straßenkämpfen. „Wir sind hier, evakuieren die Menschen und helfen ihnen“, erklärt der örtliche Polizeichef in Onlinemedien. Die Situation in der Stadt sei „extrem schwierig“.
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Ukraine meldet: 30.000 rusische Soldaten wurden in die Region geschickt
Auch das Dorf Lypzi im Bezirks Charkiw ist heftig umkämpft. Es ist nur rund 25 Kilometer von nördlicheren Gegenden der Millionenstadt Charkiw selbst entfernt. Wird Lypzi besetzt, könnte der Beschuss von Charkiw noch intensiver werden. Dort scheint es aber derzeit keine weiteren Frontverschiebungen mehr zu geben – nach Angaben des Militärjournalisten Myroschnykow finden die Kämpfe in der Nähe der ersten stark gefestigten ukrainischen Verteidigungslinie statt, was das Vorankommen der Russen deutlich erschwert.
Russland hatte die Offensive in der Region Charkiw vergangene Woche gestartet. Nach ukrainischen Angaben wurden 30.000 russische Soldaten in die Region geschickt. Moskau meldete am Mittwoch die Einnahme von zwei weiteren Ortschaften in der Region: die Dörfer Hlyboke und Lukjanzi seien „befreit“ worden, so die Erklärung der russischen Armee. Zudem meldete Russland die Einnahme des völlig zerstörten Dorfes Robotyne in der Region Saporischschja im Süden der Ukraine. Die Ortschaft war im vergangenen August nach heftigen Kämpfen von den ukrainischen Truppen zurückerobert worden.
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Laut Innenministrium in Kiew wurden in der Region Charkiw innerhalb eines Tages drei Zivilisten durch russischen Beschuss getötet. Etwa 8000 Menschen wurden in den vergangenen Tagen aus der Region evakuiert. (mit afp)
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