Düsseldorf. Das Bundesverfassungsgericht soll entscheiden, ob bei der Vergabe des OVG-Spitzenamtes an eine Minister-Vertraute gemauschelt wurde.
Der monatelange Besetzungsstreit um das Präsidentenamt beim Oberverwaltungsgericht (OVG) findet ein Finale beim Bundesverfassungsgericht. Wie ein bei der Auswahlentscheidung unter dubiosen Umständen übergangener Bundesrichter unserer Redaktion am Dienstag bestätigte, wird er wegen Verletzung der Bestenauslese durch NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde einlegen.
Das OVG selbst hatte am 1. März überraschend klar entschieden hatte, dass eine Bekannte von Limbach neue Präsidentin in Münster werden darf. Vorwürfe einer „manipulativen Verfahrensgestaltung“, die zuvor das Verwaltungsgericht Münster festgestellt hatte, hätten sich nicht als belastbar erwiesen. Auch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das Limbachs Besetzung als rechtswidrig eingestuft hatte, wurde aufgehoben. Geklagt hatten ein Abteilungsleiter des Justizministeriums, der den Präsidentenposten eigentlich bekommen sollte, und eben jener Bundesrichter, dem die höchste Rechtsprechungskompetenz im Bewerberfeld bescheinigt wird.
Ex-Verfassungsgerichtspräsident nennt OVG-Entscheidung „sehr naiv“
Unter Juristen sorgt für erhebliche Irritationen, dass nicht einmal eine „Eidesstattliche Versicherung“ des Bundesrichters beim OVG den Verdacht erhärten konnte, die Landesregierung habe sich vorab auf die Limbach-Bekannte festgelegt. In dem dreiseitigen Dokument wird detailliert geschildert, wie noch vor Eingang von Dienstbeurteilungen der Bundesrichter bedrängt wurde, seine Bewerbung zurückzuziehen.
Für den ehemaligen Präsidenten des NRW-Verfassungsgerichtshofs, Michael Bertrams, ist inzwischen offensichtlich, dass es „von Beginn an nicht mit rechten Dingen zugegangen ist“, wie er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ jüngst sagte. Die Auffassung des OVG, Limbach hätte trotz zahlreicher geheimer Bewerbungsgespräche und seines Einwirkens auf die Bewerber die für höchste Richterämter vorgeschriebene neutrale Bestenauslese gewährleisten können, nannte Bertrams „sehr naiv und lebensfremd“.
Bis Ostern muss Verfassungsbeschwerde gegen Limbach in Karlsruhe begründet werden
Bis Ostern muss der Bundesrichter nun seine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe begründet haben. Solange das Konkurrentenstreitverfahren weiter schwelt, darf die Limbach-Favoritin ihr Amt in Münster nicht antreten. Kleine Ironie am Rande: Limbachs Mutter Jutta Limbach war in den 90er Jahren die erste Frau an der Spitze des Bundesverfassungsgerichts und schrieb in Karlsruhe Rechtsgeschichte.
Inzwischen steht überdies der Verdacht im Raum, dass Benjamin Limbach den Rechtsausschuss des Landtags über die tatsächliche Anbahnung der Personalentscheidung belogen hat. An diesem Mittwoch wird er in einer Aktuellen Viertelstunde zu Widersprüchen im Lichte der am Wochenende von unserer Redaktion bekannt gemachten „Eidesstattlichen Versicherung“ des Bundesrichters befragt.
Unter anderem wurde damit öffentlich, dass sich der Justiziar der CDU/CSU-Bundestagsgruppe, Ansgar Heveling, in einem sehr frühen Verfahrensstadium bei dem Bundesrichter gemeldet hatte. „Herr Heveling unterrichtete mich, dass man sich in Koalitionskreisen in Düsseldorf wünsche, dass eine Frau OVG-Präsidentin werde. Dies sei vor allen Dingen ein Wunsch der Grünen“, heißt es in der „Eidesstattlichen Versicherung“ wörtlich. Heveling hatte nach eigener Aussage zuvor Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) „angeboten, mich mit dem Bewerber, der als Bundesrichter tätig ist, über das OVG NRW auszutauschen“.