Berlin. Es war einmal ein Traum: von der Arktis als eine Zone des Friedens. Mit dem Ukraine-Krieg hat sich das politische Klima aufgeheizt.
Mühsam bahnt sich das Schiff seinen Weg durch das Eis. Selbst gewaltige Eisbrecher beben, zittern und grollen. Vielleicht nicht mehr lange, denn das Polareis schmilzt.
Die Arktis ist ein Vorposten des Klimawandels und eine Schatzkammer – Öl, Gas, Erz –, die mehr denn je Begehrlichkeiten weckt. Denn: Die Seewege werden länger offen bleiben.
Bisher sind sie zwischen Juli und November passierbar, wenn das Meereis es zulässt. Je länger sich dieses Zeitfenster öffnet, desto interessanter werden Passagen für den Handel und für die Militärs.
Russland und die USA: Der Vertrauensverlust ist groß
Ein Schauplatz der Großmachtinteressen ist die Arktis seit Langem. Seit dem Ukraine-Krieg hat sich das politische Klima zwischen Russland und der Nato erst recht aufgeheizt. Amerikaner und Russen mögen im Weltall noch eng zusammenarbeiten. In der Polarregion – einst die erhoffte „Zone des Friedens“ – ist der Vertrauensverlust groß. Dort herrscht Funkstille.
- Russland gehört nicht mehr zum Euro-arktischen Barentssee-Rat (BEAC).
- Im Arktischen Rat wurde die Zusammenarbeit erst auf Eis gelegt und später begrenzt wieder aufgenommen.
- Russland baut seine Präsenz in der Region aus.
- Daten über den Klimawandel werden nicht mehr ausgetauscht. Beim Forschungstransfer gab es einen Filmriss.
Es ist ein Drama. Der Arktische Rat geht großteils auf den ehemaligen sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow zurück. In einer berühmten Rede im Jahr 1987 in Murmansk (dem Stützpunkt der Atom-Unterseeboote) hatte er die Arktis als Zone des Friedens bezeichnet und für mehr Zusammenarbeit geworben.
Russland nimmt etwa die Hälfte der Arktis ein. Es ist mit Abstand der größte Arktisstaat. Seine Einwohner stellen fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung in der nördlichen Polarregion. Seine Vormachtstellung ist natürlich, eine Frage der Geografie – und freilich auch der Strategie. Systematisch hat Russland seine Militärstützpunkte und Infrastruktur nördlich des Polarkreises aufgebaut. Die Russen kennen sich in der Arktis bestens aus, sie haben eine jahrzehntelange Expertise, allenfalls Kanada kann da mithalten.
Engagement in der Arktis ist ein Schaden für die Klimaforschung
Unter Kremlchef Wladimir Putin wurden Militärbasen, Tiefwasserhäfen und Flugplätze erneuert und die Nordflotte modernisiert. Russland hat schätzungsweise 40 Eisbrecher.
Im Euro-arktischen Barentssee-Rat (BEAC) haben Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Island und die Europäische Kommission die Russen ausgeschlossen. Als der Vorsitz turnusmäßig von Finnland auf Russland übergehen sollte, stellten sie sich quer.
Im Arktischen Rat haben die nordischen Staaten sowie Kanada und USA die Projekte mit Russland gestoppt. Im Mai 2023 beschlossen Schweden, Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen und die USA, die Zusammenarbeit auf dem Niveau der Arbeitsgruppen schrittweise wieder aufzunehmen.
Putin holte sich die Chinesen ins Boot
Die Isolation Russlands schlägt indes auf den Westen zurück. Erstens rächt es sich bei der Klimaforschung. Beim Forschungstransfer gab es einen Filmriss. Zweitens wird Russland nicht mehr eingebunden, seine Aktivitäten aber auch nicht mehr so gut überwacht. In der Isolation tat Kremlchef Wladimir Putin das Naheliegende: Er wandte sich, drittens, China zu.
Er startete mit den Chinesen eine Sicherheitskooperation in der Barentssee und vertiefte auch die wirtschaftliche Kooperation, beispielsweise bei Rohöltransporten über die nördliche Seeroute. Wie das Wall Street Journal berichtete, sind es jetzt Chinesen, die Häfen und Minen oder Erdölfelder erschließen. Sie sind die Krisengewinnler.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Russland sei es aus dem Arktischen Rat ausgeschlossen worden. Das ist nicht korrekt. Die anderen Mitglieder haben nur alle gemeinsamen Projekte mit Russland auf Eis gelegt, Mitte 2023 aber die Zusammenarbeit auf Arbeitsgruppen-Ebene wieder aufgenommen.
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