Düsseldorf. Die Wirtschaftsflaute hat NRW voll erfasst. Die Unionsblockade im Bund kann sich Ministerpräsident Wüst offenbar immer wenige leisten.

Angesichts der schlechten Verfassung des Wirtschaftsstandortes Nordrhein-Westfalen hat Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vorsichtige Kooperationssignale an die Ampel-Koalition im Bund gesendet. „Unsere Aufgabe ist, Rahmenbedingungen zu verbessern - und zwar schnell“, sagte Wüst am Dienstag nach Beratungen in der CDU-Landtagsfraktion mit NRW-Unternehmerpräsident Arndt Kirchhoff.

Mit dem Wachstumschancengesetz habe die Ampel einen ersten Impuls vorgelegt und Einsicht gezeigt, dass die Konjunktur einen Anschub braucht, lobte Wüst. Die Union war zuletzt wegen ihrer Blockadehaltung in Berlin kritisiert worden. CDU-Chef Friedrich Merz hatte erklärt, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) könne sich Aufrufe zur Zusammenarbeit „sparen“. Der Bundesrat soll nun bis zum 22. März eine Lösung im festgefahrenen Streit um das Wachstumschancengesetz finden. „Es geht nur miteinander: Bund und Land“, betonte Wüst.

Wüst will Schulterschluss zur Finanzierung von Investitionsanreizen

Der Ministerpräsident zeigte sich auch offen für die Debatte über einen „Investitionsbooster“, wie ihn seine Stellvertreterin Mona Neubaur (Grüne) vorgeschlagen hatte. Dabei handelt es sich um Steuergutschriften für Unternehmen bei klimagerechten Investitionen. Die Einnahmeausfälle der öffentlichen Hand von rund 50 Milliarden Euro pro Jahr sollen durch ein kreditfinanziertes „Sondervermögen“ aufgefangen werden. Dafür müsste mit Hilfe der Union das Grundgesetz geändert werden.

„Die Finanzierung von Investitionsanreizen sollte in Berlin mit allen wesentlichen Akteuren besprochen werden. Wenn das Politik der Bundesregierung ist, dann lade ich herzlich ein, auf die Unionsbundestagsfraktion zuzugehen“, so Wüst. Bislang ist jedoch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gegen jede Form von neuen Schulden, so dass es gar keine einheitliche Ampel-Position gibt, mit der sich die Union beschäftigen müsste.

Plötzlich steht der vorgezogene Kohleausstieg 2030 in NRW wieder in Frage

Dass Wüst eine weniger konfrontative Strategie zu fahren scheint als Parteichef Merz, ist der besonders brisanten Lage in NRW geschuldet. Die heimische Wirtschaft wird im laufenden Jahr nur um 0,3 Prozent wachsen und sich damit noch langsamer erholen als im Bundesschnitt (0,5 Prozent). Insbesondere die energieintensiven Unternehmen müssen dauerhaft um ihre Wettbewerbsfähigkeit bangen. Eine politische Pattsituation bis zur nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 kann sich NRW schlicht nicht erlauben.

„Die Lage ist schwierig“, bekannte Wüst. Mittlerweile steht sogar der historische Beschluss seiner schwarz-grünen Landesregierung für einen vorgezogenen Kohleausstieg 2030 wieder in Frage. Die vom Bund ausgeschriebenen Bereitstellungskapazitäten für wasserstofffähige Gaskraftwerke, mit denen an sonnen- und windarmen Tagen Energiesicherheit garantiert werden soll, reichten „einfach nicht aus“, kritisierte Wüst. „Bleibt es dabei, gefährdet die Bundesregierung den Kohleausstieg 2030.“