Düsseldorf. In jeder zweiten Sozialwohnung wohnen Mieter, denen diese Wohnung gar nicht zusteht. Sollten sie dafür wieder „Strafe“ zahlen?

Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt in NRW nimmt die Diskussion über die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe Fahrt auf. Diese Abgabe zahlten bis Ende 2015 Mieter von Sozialwohnungen, wenn Ihnen eine Sozialwohnung aufgrund ihres Einkommens eigentlich nicht mehr zustand.

Fehlbelegungsabgabe: Hessen führte sie schon 2016 wieder ein

In einer Stellungnahme für den Landtag fordern die drei Kommunalen Spitzenverbände in NRW eine Debatte über die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe. In Hessen sei dies 2016 geschehen. Die Einnahmen kämen dort dem sozialen Wohnungsbau zugute. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) ließ am Donnerstag durchblicken, dass auch sie sich mit dem Gedanken trägt, Mieter, die eigentlich nicht mehr in einer Sozialwohnung wohnen dürften, zur Kasse zu bitten. Immerhin seien etwa 50 Prozent der rund 434.000 Sozialwohnungen in NRW fehlbelegt.

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„Die Fehlbelegungsabgabe wurde 2010 abgeschafft, weil die Landesregierung und der damalige Landtag sagten, Aufwand und Ertrag stünden in keinem Verhältnis. Dennoch beschäftige ich mich aktuell mit der Frage, ob es eine Lösung geben kann, die mit weniger Bürokratie für die Behörden auskommt“, so Scharrenbach. Spruchreif sei dies aber noch nicht.

Krise beim Wohnungsbau: Immer mehr Regionen in NRW betroffen

Trotz einer Steigerung beim Neubau öffentlich geförderter Mietwohnungen bleibt die Lage beim Wohnungsbau in NRW nach Einschätzung der Kommunalen Spitzenverbände dramatisch. „Die Auswirkungen der Baukrise zeigen sich nicht mehr nur in den großen Städten entlang der Rheinschiene und in Münster, sondern zunehmend auch in ländlicheren Gegenden“, erklärten die drei Verbände in einer Stellungnahme für eine Expertenanhörung am Donnerstag im Landtag.

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) freut sich über einen deutlichen Anstieg der Förderung von öffentlich geförderten Miewohnungen im Jahr 2023.
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) freut sich über einen deutlichen Anstieg der Förderung von öffentlich geförderten Miewohnungen im Jahr 2023. © DPA Images | Rolf Vennenbernd

Ministerin Scharrenbach hatte kurz vor der Anhörung ein „Rekordergebnis“ bei der Förderung von neuen Wohnungen gemeldet. Mit rund 2,1 Milliarden Euro Fördergeld sei der Wohnungsbau in NRW im vergangenen Jahr stark angekurbelt worden. Davon profitiert habe der Bau von Sozialwohnungen mit einem Anstieg um 68 Prozent auf 6726 Wohneinheiten sowie der Bau von Wohneigentum mit einer Zunahme um 162 Prozent auf 1557 Einheiten. Insgesamt seien fast 12 000 Wohneinheiten gefördert worden. Scharrenbach sprach von einem „Förder-Wow“. NRW werde durch die Förderung, so wörtlich, zum „place to bau“.

Am Plus bei der Bauförderung lässt sich die Krise der Baubranche ablesen

Alexander Rychter, Direktor des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen“, bremste die Euphorie über die vielen geförderten Wohnungen. Die guten Ergebnisse resultierten wesentlich aus steigenden Zinsen, hohen Baukosten und einer „unsicheren bundespolitischen Förderkulisse“ rund um das Gebäudeenergiegesetz. Die öffentliche Förderung sei für die kriselnde Baubranche ein „sicherer Hafen“.

Sarah Philipp (SPD) wies darauf hin, dass dem satten Plus bei der Wohnungsbauförderung 2023 ein „absoluter Tiefststand“ im Jahr 2022 vorangegangen sei. Der „Rekord“ sei daher nur eine Rückkehr zum Niveau der Vorjahre. Verglichen mit 2016 – als noch 9.301 mietpreisgebundene Wohnungen gebaut worden seien – sei auch das aktuelle Ergebnis immer noch ein Rückgang um fast 30 Prozent, so die SPD, die die Expertenanhörung zum Thema Wohnen beantragt hatte.