An Silvester schoben in NRW doppelt so viele Polizisten Dienst wie an einem normalen Samstag. Was das fürs restliche 2024 heißt.

Nach dem massiven Einsatz von Sicherheitskräften in der Silvesternacht hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor neuen Überstundenbergen gewarnt. „Jedem muss klar sein: Die Sicherheit zum Jahreswechsel in Nordrhein-Westfalen ist teuer erkauft worden durch einen hohen Polizeieinsatz. Wir vertrauen auf die Zusage des Innenministers, dass keine zusätzlich geleistete Stunde verfällt“, sagte GdP-Landeschef Michael Mertens unserer Redaktion am Dienstag.

Landesweit waren in der Silvesternacht mehr als 6600 Polizisten auf den Beinen - 500 mehr als im Vorjahr und fast doppelt so viele wie in einer normalen Samstagnacht in NRW. Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte wegen der akuten Terrorwarnung rund um den Kölner Dom, einer insgesamt aufgeheizten Stimmung wegen des Nahost-Konflikts und nach bitteren Erfahrungen mit Attacken auf Einsatzkräfte zum Jahreswechsel 2022/23 noch einmal nachgelegt. Zahlreiche Polizisten mussten ihre privaten Silvesterplanungen umschmeißen und kurzfristig Dienst schieben.

Rund 6600 Polizisten brachte NRW zum Jahreswechsel auf die Straße

Mehr als ein Viertel der 6600 eingesetzten Polizisten waren Kräfte der Bereitschaftspolizei. Die landesweit 18 Hundertschaften unterstützen die örtliche Polizei und sind regelmäßig bei Großeinsätzen gefordert. GdP-Landeschef Mertens sieht deshalb mit Sorge auf den weiteren Jahresverlauf. Mit Karneval, Bundesliga, diversen erwarteten Demonstrationen sowie der Fußball-Europameisterschaft mit den Spielorten Köln, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Dortmund koste dies weitere Tausende Einsatzstunden. Zumal während der EM zehn sogenannte „Fan-Zones“ für feierfreudige Massen eingerichtet werden sollen.

In NRW war es zuletzt immer wieder zu Islamisten-Aufmärschen gekommen, die als klare Ablehnung der liberalen westlichen Demokratien verstanden werden müssen. Internationale Großveranstaltungen gehören als Orte von Konsum und Feierfreude zu möglichen Anschlagszielen. Die gegenwärtige Weltlage habe „sicherlich auch Auswirkungen“, hatten Vertreter des EM-Organisationskomitees schon vor Wochen im Landtag eingeräumt. Die Planung des Sicherheitskonzepts ist längst in vollem Gange.

Während der Fußball-EM herrscht in der NRW-Polizei Urlaubssperre

Die NRW-Polizei stellt das alles vor Herausforderungen. Allein während der EM herrsche Urlaubssperre, so dass in diesem Jahr nur elf Monate für die Ferienplanung zur Verfügung stünden, so Mertens. Die Gewerkschaft vertraut darauf, dass Mehrarbeitsstunden durch Freizeitausgleich oder Auszahlung abgegolten werden. Entsprechende Zusagen hat das Land gemacht.

Nach Terrorwarnungen war ein Einsatzschwerpunkt der Polizei das Gebiet rund um den Kölner Dom.
Nach Terrorwarnungen war ein Einsatzschwerpunkt der Polizei das Gebiet rund um den Kölner Dom. © DPA Images | Oliver Berg

Die konkrete Umsetzung ist bei der Polizei schwieriger als in anderen Bereichen des Öffentlichen Dienstes. Nach dem Landesbeamtengesetz müssen Überstunden innerhalb eines Jahres „abgefeiert“ werden. Sollte dies aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich sein, können maximal 480 Stunden pro Jahr ausbezahlt werden.

Durch die Einführung von Langzeitarbeitskonten bei der Polizei hat Innenminister Reul zudem ein weiteres Instrument geschaffen, um Mehrarbeitsstunden vor dem Verfall zu schützen. Ein Freizeitausgleich auf breiter Front ist jedoch nur realistisch, wenn ausreichend Personal vorhanden ist. Trotz Reuls jahrelanger Einstellungsoffensive wächst der Polizeiapparat wegen der hohen Pensionszahlen netto nur sehr allmählich.

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