Berlin. Wiederholt veröffentlicht Fridays for Future International israelfeindliche Parolen. Ein Experte warnt vor den Gefahren für Schüler.
Die globale Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) hat ein Antisemitismusproblem. In den vergangenen Tagen haben die Aktivisten wiederholt mit israelfeindlichen und antisemitischen Botschaften in den sozialen Netzwerken irritiert. Die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg forderte in einem Post „Gerechtigkeit und Freiheit für die Palästinenser sowie alle betroffenen Zivilisten“ – ohne die Massaker der Terrororganisation Hamas in Israel zu erwähnen. Sie veröffentlichte ein Foto, das Aktivistinnen zeigt, die Schilder mit Parolen wie „Free Palestine“ oder „Stand with Gaza“ halten. Eine der Frauen hält ein Stofftier in Form eines Kraken. Der Krake ist Symbol für eine jüdische Elite, die angeblich die Welt mit ihren Tentakeln kontrolliert. Später gab Thunberg an, dass ihr dies nicht bekannt gewesen sei. Sie löschte das Foto und veröffentlichte eine Version, auf der der Stoffkrake nicht mehr zu sehen ist.
In einem weiteren Post werfen die Klimaaktivistinnen und -aktivisten westlichen Medien „Brainwashing“ vor, also Gehirnwäsche zugunsten Israels. „Dies ist KEIN Konflikt. Dies ist ein Genozid“, steht dort. Westliche Medien würden nicht die „ganze Geschichte“ erzählen. Sie seien nicht unabhängig, sondern von „imperialistischen Regierungen“ gegründet. Die gute Nachricht sei: Wenn man der Propaganda nicht mehr glaube, verlöre sie ihre Macht. Man müsse jetzt Widerstand leisten, so FFF International.
Kommentar zum Thema:Greta und der Antisemitismus – Das ist keine Gerechtigkeit
Die jüngsten Statements der Aktivisten zeigen, dass die junge Bewegung ein Problem mit Antisemitismus hat – und das nicht erst seit dem Überfall der Hamas auf Israel. Im Herbst 2022 durfte die Gruppe „Palestinespeaks“, also „Palästina spricht“, bei einer Kundgebung von FFF Bremen eine Rede halten. Auf ihrem Account postete „Palestinespeaks“ zuvor israelfeindliche Inhalte, wie etwa den Aufruf „Free palestine from the river to the sea“ (zu Deutsch: „Ein freies Palästina vom Fluss bis zum Meer“). Dies gilt als Code, der für die Forderung nach der Auslöschung des Staates Israel steht. Im Januar 2023 sprach der internationale Account von FFF in einem Posting von „Neokolonialismus und Apartheid“ in Bezug auf Israel. Die Klimabewegung stünde geschlossen an der Seite des palästinensischen Widerstandes. Das Posting endet mit „Yallah Intifada“ – ein Aufruf zum Aufstand gegen Israel.
Antisemitismus bei Fridays for Future: Gerade Schüler könnten darauf hereinfallen
Antisemitismus-Experten besorgen die Aussagen von FFF. „Solche Statements bekannter öffentlicher Personen werten derartige antisemitische und verschwörungsideologische Zerrbilder auf“, sagt Extremismusforscher Armin Pfahl-Traughber. Gerade bei FFF aktive Schüler könnten darauf hereinfallen, da sie die genauen Kontexte noch nicht durchschauen dürften, warnt Pfahl-Traughber. „Es war immer schon ein Problem, Greta Thunberg zu idealisieren, nicht nur in FFF, sondern auch in der medialen Öffentlichkeit. Personenkult ist nie gut“, so der Experte.
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Die deutsche Sektion von Fridays for Future um Luisa Neubauer distanzierte sich in den vergangenen Tagen mehrfach von den Posts von Greta Thunberg und FFF International. „Der internationale Account spricht – wie zuvor betont – nicht für uns“, schreiben die deutschen Klimaaktivisten auf X, vormals Twitter. „Nein, der Post ist nicht mit uns abgestimmt. Nein, wir stimmen nicht mit den Inhalten überein.“ Man sei uneingeschränkt solidarisch mit Jüdinnen und Juden, die antisemitische Gewalt erleben, und sehe auch das Leid der Zivilbevölkerung und insbesondere der Kinder in Gaza. Der steigende „antimuslimische Rassismus“ erfülle zwar auch die deutsche Bewegung mit Sorge. Aber: „Unsere Herzen sind groß genug, all das gleichzeitig fühlen zu können.“
Auch nach dem Posting von FFF International im Januar 2023 distanzierte sich die deutsche Gruppierung von den „antisemitischen Inhalten“ und stellte klar: „Der Account spricht nicht für FFF Deutschland“. Eine Recherche der „Jüdischen Allgemeine“ zeigte, dass die Postings des internationalen Accounts nur von einer kleinen Gruppe von Aktivisten bestimmt wird. „Der Account ist keinesfalls als eine Art ‚Dachverband‘ zu verstehen, er spricht nicht für die gesamte weltweite Bewegung“, kommentiert die deutsche Sektion.
Antisemitismus-Forscher Pfahl-Traughber sieht das positiv, fordert aber weitergehende Schritte. „FFF Deutschland hat sich klar davon distanziert, das ist sehr lobenswert. Die deutsche Sektion sollte dazu eine kritische Debatte innerhalb von FFF international anstoßen und notfalls den Bruch vollziehen“, so Pfahl-Traughber. „Ein glaubwürdiges Engagement für den Klimaschutz leidet unter Hamas-Apologie.“
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Zentralrat der Juden fordert Abspaltung der deutschen Klimaaktivisten
Ähnliche Forderungen kommen aus der Politik. „Die Entwicklung von Fridays for Future ist beunruhigend“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr unserer Redaktion. „Die israelfeindlichen Äußerungen von Greta Thunberg und ihrem Umfeld sind Wasser auf die Mühlen der Hamas.“ Er halte die „dünnen Erklärungen und Statements“ des deutschen Ablegers von Fridays for Future nicht für ausreichend. „Ich erwarte die eindeutige Aufkündigung der Zusammenarbeit mit Greta Thunberg und allen, die sich jetzt auf die falsche Seite der Geschichte stellen.“ Über viele Jahre habe die Klimabewegung hohes Ansehen genossen und sei auf breite gesellschaftliche Akzeptanz gestoßen, fügte Dürr hinzu. Das drohe nun zu kippen.
Auch die Union ruft die deutsche Gruppe von Fridays for Future zu einer schärferen Distanzierung von antisemitischen Aktionen auf. „Wenn der deutsche Ableger von Fridays for Future für die deutsche Politik ein seriöser Ansprechpartner sein möchte, müssen sich die Verantwortlichen von diesen unerträglichen antisemitischen Aktionen klar distanzieren“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, unserer Redaktion. „Teile von Fridays for Future vergiften mit inakzeptablen antisemitischen Äußerungen und Verschwörungstheorien das gesellschaftliche Klima. Die halbherzige Abgrenzung der deutschen Aktivisten ist inakzeptabel und irritierend. Da muss mehr kommen.“
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, forderte die deutschen Klimaaktivisten gar auf, sich von FFF International loszusagen. „Ich erwarte von Luisa Neubauer und Fridays for Future Deutschland eine wirkliche Abkoppelung, eine Namensänderung der Organisation und den Abbruch jeglicher Kontakte zu Fridays for Future International“, sagte Schuster der „Bild“-Zeitung. „Von Fridays for Future International erwartet man nichts anderes mehr als krude Geschichtsverdrehung, Dämonisierung Israels und nun auch noch Verschwörungsideologie“, so Schuster.
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