Berlin. Pistorius muss mit seiner ersten Krise als Verteidigungsminister fertig werden. Der Ursprung liegt in der Amtszeit seiner Vorgängerin.
Bisher lief es so gut für Boris Pistorius: Der SPD-Politiker führt die politischen Beliebtheitsrankings an, nachdem er im Januar seine glücklose Parteikollegin Christine Lambrecht an der Spitze des Verteidigungsministeriums abgelöst hatte. Die Debatten um die militärische Unterstützung der Ukraine geriet mit ihm in ruhigere Bahnen und Pistorius kam bei den Soldatinnen und Soldaten mit seiner kernigen Art gut an. Doch nun kämpft der 63-Jährige mit bekannten Problemen: Bei der Beschaffung von Material für die Truppe hat es wieder einmal eine Panne gegeben.
Von einem „Rüstungsdesaster“ spricht der Verteidigungsexperte der Union, Florian Hahn. „Es reicht eben nicht, nur eine gute Figur und schneidige Ankündigungen zu machen, sondern man muss auch endlich liefern“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. „Denn aktuell sind wir trotz der erheblichen Herausforderungen und des dringlichen Bedarfs nicht in der Lage, uns schnell verteidigungsfähiger zu machen.“
Funkgeräte für 1,3 Milliarden Euro noch unter Lambrecht bestellt
Was war passiert? Im vergangenen Dezember, noch in der Amtszeit von Christine Lambrecht, war ein Vertrag mit einem deutschen Unternehmen zur Ausrüstung von Panzern und anderen Fahrzeugen der Bundeswehr mit modernen, digitalen Funkgeräten geschlossen worden. Kosten: 1,3 Milliarden Euro. Inzwischen ist jedoch klar, dass die Geräte nicht wie geplant eingebaut werden können. Zahlreiche technische Probleme stehen dem im Wege.
„Es ist unverständlich, dass Tausende Funkgeräte, ohne die zwingende Integration mitzudenken, bestellt werden konnten“, kritisiert Hahn. „Minister Pistorius hätte angesichts der verheerenden Bilanz seiner Vorgängerin alle Top-Projekte überprüfen müssen.“
Lesen Sie auch: Laserwaffen könnten die Antwort auf Kamikaze-Drohnen sein
Pistorius wurde zu Wochenbeginn auf eine Baltikum-Reise von den Berichten über die Probleme erwischt und bemühte sich zunächst, die Auswirkungen herunterzuspielen. Mittlerweile äußerte sich der Verteidigungsminister deutlicher: Er sei „einigermaßen verärgert“, dass die Ausrüstung bestellt worden sei, ohne dass es Klarheit über den Einbau gegeben habe. „Dass das nicht passiert ist oder nicht ausreichend, das klären wir jetzt auf und versuchen zu heilen, was zu heilen ist.“
Bundeswehr will technisch zu Nato-Partnern aufschließen
Im internationalen Vergleich hinkt die Bundeswehr bei der Kommunikation hinterher. Mit den neuen Funkgeräten sollte sie technisch zu den Nato-Partnern aufschließen. Doch daraus wird erst einmal nichts. Bei den betroffenen Fahrzeugen sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums Änderungen am Kühlsystem und der Lichtmaschine erforderlich. Dadurch verzögere sich die Ausstattung der Panzer und anderer Fahrzeuge mit den neuen Geräten um ein Jahr.
Eine weitaus längere Verzögerung infolge der Beschaffungspanne scheint allerdings nicht ausgeschlossen. Die vollständige Digitalisierung einer der Nato für 2025 zugesagten gefechtsbereiten Division sei damit „unmöglich geworden“, erwartet Hahn. „Die Bundesregierung verspielt so das Vertrauen bei der Truppe und verliert weiter an Glaubwürdigkeit bei unseren Bündnispartnern.“
- Politik-News: Die wichtigsten Nachrichten des Tages aus der Bundespolitik im Blog
- Neue Partei: Bundestagsabgeordnete der Grünen wechselt zur CDU
- Gerichtsurteil: Keine Waffen für AfD-Mitglieder? Jäger und Schützen unter Druck
- Klimawandel: Fluten, Hitze, Erdrutsche – So müssen Kommunen Bürger schützen
- Parteitag: AfD-Delegierter beißt Demonstranten – Video zeigt Vorfall