Berlin/Bolu. Bei einem Feuer in einem Ski-Hotel in der Türkei sterben 76 Menschen. Videos beim Kurznachrichtendienst X zeigen den verheerenden Brand.

Das Grand Kartal Hotel gilt als erste Adresse im Skigebiet Kartalkaya in der Türkei. Jetzt, während der Schulferien, ist der bekannte Wintersportort in den Köroglu-Bergen 300 Kilometer östlich von Istanbul ein beliebtes Ausflugsziel. Auch das Grand Kartal Hotel war am Montag mit 234 Gästen gut gebucht. Aber am frühen Dienstagmorgen wurde das luxuriöse Traditionshotel für Dutzende Menschen zu einer Todesfalle.

Ein Feuer, das aus noch ungeklärter Ursache gegen 3.30 Uhr in der Früh in einem der Restaurants des Hotels ausgebrochen war, breitete sich in dem mit viel Holz dekorierten Gebäude rasend schnell aus. Mindestens 76 Menschen sind ums Leben gekommen, 51 wurden verletzt, so die offiziellen Angaben der türkischen Behörden. Zwei Menschen seien tödlich verletzt worden, als sie aus dem Fenster sprangen, um sich vor den Flammen und dem Rauch zu retten, sagte der Provinzgouverneur Abdülaziz Aydin. Unter den Opfern ist auch eine 15-köpfige Familie.

Feuer in türkischem Luxushotel: Menschen rufen um Hilfe

Weiße, zusammengeknotete Bettlaken, an denen Menschen zu fliehen versuchten, hingen am Dienstagnachmittag aus einigen Fenstern des ausgebrannten Hotels. In den sozialen Netzwerken kursierten Videos, auf denen zu sehen ist, wie verzweifelt Menschen aus den oberen Stockwerken um Hilfe rufen: „Wir können nicht raus, helft uns!“

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Augenzeugen schilderten die dramatischen Ereignisse der Nacht. Baris Salgür, ein Angestellter eine Nachbarhotels, wurde durch Hilferufe aus dem Schlaf geweckt: „Wir sahen, wie dichter Rauch aus den Fenstern in den oberen Stockwerken und aus dem Dach des Hotels quoll“, berichtete er. „Gemeinsam mit anderen Helfern versuchten wir, Seile und Bettlaken zusammenzubinden, während die Menschen verzweifelt um Hilfe schrieen.“

Erst nach zwei Stunden sei die Feuerwehr eingetroffen, berichtete Salgür: „Da standen die oberen Stockwerke bereits voll in Flammen.“ Atakan Yelkovan, einer der überlebenden Hotelgäste, berichtete, die Feuerwehr sei eine Stunde nach dem Ausbrechen des Brandes angerückt. „Es gab keinen Feueralarm“, so Yelkovan. Andere Gäste berichteten, es sei wegen des dichten Qualms in dem brennenden Gebäude sehr schwierig gewesen, Notausgänge und Treppen zu finden.

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Angeblich keine Mängel beim Brandschutz

Auch Eylem Sentürk, die mit ihrer Familie in dem Hotel Urlaub machte, sagte der Nachrichtenagentur Anadolu, es habe keinen Feueralarm und auch keine Notausgänge gegeben. Sie seien durch Hilferufe auf dem Flur auf den Brand aufmerksam geworden. „Der Rauch war so stark, dass wir nichts sehen konnten“, berichtete die Frau. „Hätte es einen Alarm gegeben, hätte die Menschen schneller fliehen können.“

Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy erklärte demgegenüber, das Hotel seit 2021 und 2024 überprüft worden. Dabei habe man keine Mängel beim Brandschutz festgestellt. Das Hotel verfüge über zwei Notausgänge, so der Minister.

Zehn Stunden lang kämpften die Feuerwehren gegen die Flammen, erst am Nachmittag war der Brand unter Kontrolle. Die Löscharbeiten waren sehr schwierig. Die Feuerwehren konnten den Brand nur von der Frontseite des Hotels aus bekämpfen, weil es auf der Rückseite wegen des steil abfallenden Geländes keine Zufahrtsmöglichkeiten gibt.

Ob weitere Gäste ums Leben gekommen sind, war am Dienstagnachmittag noch unklar. Necmi Kepcetutan, einer der Skilehrer des Hotels, war besorgt: „Ich kann einige meiner Schüler nicht erreichen, ich hoffe, es geht ihnen gut.“

Die Regierung verfügte noch am Dienstag eine Nachrichtensperre. Die Medien dürfen deshalb nur noch offizielle Verlautbarungen verbreiten. Innenminister Ali Yerlikaya äußerte sich bestürzt über die Brandkatastrophe. Die Justiz leitete Ermittlungen ein. Sechs Staatsanwälte und ein fünfköpfiges Expertenteam seien mit dem Fall befasst, sagte Justizminister Yilmaz Tunc. Der Hotelbesitzer und drei weitere Personen festgenommen, offenbar Angestellte des Hotels, teilte der Minister auf der Plattform X mit.

Das Unglück wirft viele Fragen auf. In den Fokus kommen jetzt die Sicherheitseinrichtungen des Hotels und mögliche Versäumnisse beim Brandschutz. Lokale Medien berichteten, die Feuerschutzmaßnahmen seien unzureichend gewesen. Aber auch die Behörden müssen sich erklären. Obwohl der Wintersportort Kartalkaya in der Skisaison Tausende Gäste beherbergt, gibt es dort keine Feuerwehr. Die nächste Feuerwache befindet sich in der Stadt Bolu, etwa eine Autostunde entfernt. Die verschneiten und vereisten Straßen verzögerten die Ankunft der Rettungsdienste zusätzlich. Wären die Feuerwehren frühzeitig mit Drehleitern an dem brennenden Hotel eingetroffen, hätten sie womöglich viele Menschen retten können.L

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Präsident Recep Tayyip Erdogan äußerte sich am Dienstag in Ankara zu der Katastrophe. „Das sind sehr traurige Nachrichten“, sagte Erdogan bei einem Treffen seiner AKP-Partei. „Wir werden dafür sorgen, dass alle Aspekte des Unglücks lückenlos aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden“, kündigte der Staatschef an.