Madrid. Rekordartige Regenfälle haben in und um Valencia ein Bild der Verwüstung hinterlassen. Betroffene schildern apokalyptische Szenen.
Fahrzeuge, die mitsamt ihren Insassen von den reißenden Fluten fortgerissen wurden. Menschen, die sich verzweifelt an Bäumen festklammerten, um nicht zu ertrinken. Familien, die auf Hausdächer flüchteten, weil das Wasser auf den Straßen mehrere Meter hoch stieg. Die schlimmste Unwetterkatastrophe seit Jahrzehnten sorgte in den spanischen Mittelmeerregion Valencia für apokalyptische Szenen.
Es war eine Sintflut, die binnen weniger Stunden die beliebte Urlaubsregion in eine Hölle verwandelte. Nach vorläufigen Angaben starben mindestens 62 Menschen in den Regenmassen, die die Straßen in der Stadt Valencia und in vielen umliegenden Dörfern in wilde Flüsse verwandelten. Dutzende Menschen wurden auch am Mittwoch noch vermisst. Die Zahl der Opfer dürfte also noch steigen. Auch in einigen Nachbarprovinzen gab es mehrere Tote.
Notruf wegen Unwetter überlastet – Anwohner verzweifelt
Der Albtraum begann bereits am Dienstag, als über Valencia die Wolken brachen – ein Extremregen, wie ihn die normalerweise so sonnige Region seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte. Bis Mittwochmorgen fielen mancherorts bis zu 500 Liter pro Quadratmeter. Das entspricht der Regenmenge, die hier normalerweise in einem ganzen Jahr gemessen wird.
„Bitte schickt uns Hilfe“, flehte ein Mann namens Juan in sein Telefon, mit dem er beim meistgehörten spanischen Radiosender SER anrief. Er hatte zuvor vergeblich die Rettungsleitstelle angewählt. Doch die war wegen der vielen Notrufe völlig überlastet und vorübergehend nicht mehr zu erreichen.
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„Wir sind auf dem Dach eines Tanklasters, insgesamt acht Leute“, berichtete Juan. „Das Wasser steigt immer weiter. Hier sind viele Menschen auf den Dächern ihrer Autos. Wir werden nicht mehr lange durchhalten können. Bitte rettet uns.“ Der Hilferuf kam aus der Nähe eines großen Einkaufszentrums, das an der Stadtautobahn Valencias liegt. Auf Videos, die in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, sieht man, wie der Parkplatz des Shoppingzentrums in der Nacht zum Dienstag einem riesigen See glich: Autos trieben im Wasser. Die nahe Autobahn V-31 war ein breiter Strom.
Betroffener berichtet von apokalyptischen Szenen
Ob die Menschen auf dem Lkw-Dach gerettet werden konnten, war auch am Mittwoch noch nicht klar. Am Tag nach der Katastrophe waren viele überschwemmte Gebiete noch von der Außenwelt abgeschnitten. Die Retter waren vielerorts mit Hubschraubern unterwegs, um Überlebende oder auch Leichen zu bergen. Mehr als 1000 Soldaten waren im Einsatz. Vielerorts fiel die Stromversorgung aus, Handys funktionierten nicht.
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Ein Spanier mit dem Namen Rafa gehört zu den Glücklichen, die sich aus der Flut retten konnten. Nach seiner Bergung berichtet er: „Ich war mit dem Wagen auf der Autobahn unterwegs, als plötzlich immer mehr Wasser auf die Fahrbahn strömte, immer höher stieg und den Verkehr lahmlegte. Wir sind aus dem Auto raus, haben anderen Leuten geholfen und uns durch das Wasser bis zu einer Brücke durchgekämpft.“
Der Mann musste zusehen, wie andere Menschen nicht mehr aus ihren Autos herauskamen und mitsamt ihren Fahrzeugen fortgespült wurden. Neun Stunden harrte er auf der Brücke aus, bis die Retter zu ihm durchkamen. „Ich habe Glück gehabt“, sagt er. „Ich habe zwar materielle Dinge verloren, das Auto ist im Wasser weggetrieben. Aber ich lebe noch.“ Das sei das Wichtigste.
EU sichert Spanien schnelle Hilfe zu
Die meisten Todesopfer gab es aber nicht in der Stadt Valencia, in der rund 830.000 Menschen leben, sondern im Hinterland. Vor allem die Dörfer der Region wurden heftig von den sintflutartigen Regenfällen getroffen. Viele enge Gassen, in denen es oftmals auch noch an Kanalisationen mangelt, wurden zu reißenden Sturzbächen. Ob auch ausländische Urlauber unter den Opfern sind, war am Mittwoch noch unklar. Die Mittelmeerregion ist jetzt im Herbst vor allem bei europäischen Rentnern beliebt, die hier die kühlere Jahreszeit verbringen.
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sagte Spanien Hilfe bei der Bewältigung der Unwettertragödie zu. Sie wies aber auch darauf hin, dass diese Katastrophe ein weiterer Beleg für die Erderwärmung sei und für die Notwendigkeit, den Klimawandel zu bremsen.
„Innerhalb weniger Monaten haben Überschwemmungen Mittel- und Osteuropa, Italien und jetzt auch Spanien heimgesucht. Dies ist die dramatische Realität des Klimawandels“, sagte von der Leyen. „Und wir müssen uns darauf vorbereiten, diesen mit allen uns zur Verfügung stehenden Instrumenten zu bekämpfen.“
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Spaniens König zeigt sich schwer betroffen
Am Mittelmeer ist der drohende Klimakollaps besonders stark spürbar. Das Meer vor der spanischen Festlandküste wie auch rund um Mallorca erreichte diesen Sommer eine Rekordtemperatur von nahezu 30 Grad. Forscher hatten gewarnt, dass dies die Bildung von schweren Herbstunwettern begünstigen wird.
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Spaniens Staatsoberhaupt, König Felipe VI., sprach den Angehörigen der Todesopfer sein Beileid aus. Auch Premier Pedro Sánchez zeigte sich tief betroffen. Sánchez übernahm den Vorsitz eines Krisenstabs, der die Bergungs- und Aufräumarbeiten koordinieren soll. „Ganz Spanien trauert“, sagte er.
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Sánchez warnte, dass die Gefahr durch die umherziehende explosive Unwetterfront noch nicht gebannt sei. Am Mittwoch wurde unter anderem auch in Andalusien in Südspanien und im nordwestlich liegenden Katalonien, ebenfalls zwei beliebte Urlaubsregionen, Unwetteralarm ausgelöst.