Berlin. Im Schiffswrack vor Antikythera fanden Taucher eine weltberühmte Apparatur. Nun entdeckten sie ein geheimnisvolles Schwesterschiff.

Der Mechanismus von Antikythera ist eine Apparatur aus Bronze, die durch ein ausgeklügeltes Getriebe mit unglaublicher Präzision die verschiedenen Sternenkonstellationen für jeden Tag des Jahres anzeigen kann. Taucher fanden das Wunderwerk antiker Ingenieurskunst in einem 2000 Jahre alten Schiffswrack vor der griechischen Insel Antikythera. Jetzt haben Archäologen dort eine weitere aufregende Entdeckung gemacht.

Antikythera liegt auf halbem Weg zwischen den Inseln Kreta und Kythira in der Ägäis. Im ersten Jahrhundert vor Christus sank vor der Küste der Insel das mit Luxusgütern und dem Mechanismus beladene Schiff, das wahrscheinlich aus Griechenland stammte. Taucher fanden an dem Unglücksort bereits teure Keramiken, Marmorstatuen und sogar einen bronzenen Thronsessel.

Unterwasserarchäologen entdecken wichtigen Teil des Schiffsrumpfs

Während der neuesten Expedition bargen griechische und schweizerische Unterwasserarchäologen mithilfe von Unterwasserdrohnen und speziellen Tauchgeräten weitere Teile des ursprünglich 40 bis 50 Meter langen Schiffs, darunter einen nennenswerten Teil des Schiffsrumpfes. Das gaben die Forscher der Universität Genf und der Schweizerischen Archäologischen Schule in Griechenland (ESAG) in einem Statement bekannt.

Der Mechanismus von Antikythera wurde im Schiffswrack vor der Insel geborgen.
Der Mechanismus von Antikythera wurde im Schiffswrack vor der Insel geborgen. © picture alliance / Schoening | Schoening

Die originalen Teile des Schiffsrumpfs seien zusammen mit der äußeren Schutzbeschichtung in ausgezeichnetem Zustand, heißt es. Bemerkenswerterweise ist die spezielle Konstruktion aus Planken und Spanten immer noch intakt. Das lässt die Wissenschaftler annehmen, dass das Schiff nach der „Shell First“-Methode gebaut wurde. Laut dem Statement fertigten die Erbauer dabei zuerst mit den Planken den Rumpf und montierten erst danach die Spanten im Inneren des Schiffs. Heutzutage würden Schiffe in umgekehrter Reihenfolge gebaut werden.

So „ermöglicht uns diese Struktur, die bisher schwer fassbaren Konstruktionsmerkmale des Schiffes besser zu verstehen sowie die genaue Lage und die Ausrichtung des Wracks zu bestimmen“, sagte der Leiter des Projekts, Professor Lorenz Baumer von der Universität Genf.

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Zweites Holzschiff liegt nur 200 Meter entfernt

Die Forscher konnten sich so auch Fragen annähern, die andere Expeditionen in den vergangenen Jahren bereits aufgeworfen hatten: Gab es vielleicht mehrere Schiffe, die an der Tragödie beteiligt gewesen waren? Und was war die Ursache für den Untergang des Antikythera-Schiffs?

Dabei bestätigte sich die Vermutung einer zweiten Wrackstelle. Nur 200 Meter vom ursprünglichen Wrack entfernt liegt ein zweites Holzschiff, das durch eine ähnlich große Konzentration von Keramik gekennzeichnet sei. Insgesamt dokumentierten die Archäologen 300 Objekte – darunter Marmorstücke, Keramikscherben und Schiffsbauteile.

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Das Schiffswrack vor Antikythera wurde im Jahr 1900 von griechischen Schwammtauchern entdeckt. Theorien zur Ursache des Schiffsbruchs reichen von Stürmen, Piraten und Navigationsfehlern bis hin zu Überladung. Die entdeckten Luxusgüter deuten darauf hin, dass es sich um ein Handelsschiff handelte.

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